OGH , am 23. September 2003, Geschäftszahl 4Ob176/03s, Stichworte: Vervielfältigung einer geschützten Musik-CD in einem Gewerbebetrieb, Haftung als unmittelbarer Täter

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei L***** GmbH, *****, vertreten durch Hon. Prof. Dr. Michel Walter, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Peter Heinz H*****, Inhaber der Firma A*****, vertreten durch Dr. Peter Hoffmann-Ostenhof, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung, Urteilsveröffentlichung und Zahlung (Streitwert im Provisorialverfahren 30.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Beklagten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 30. Juni 2003, GZ 2 R 1/03m, 2 R 2/03h-16, den Beschluss gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:
Rechtssatz

Der Beklagte ist, wie vom Erstgericht festgestellt, Inhaber eines Gewerbebetriebs, in dem auf Bestellung einer Testperson 40 Vervielfältigungsstücke einer CD mit geschützten Musiktiteln hergestellt wurden. Gemäß § 81 Abs 1 UrhG hat der Beklagte dafür einzustehen, dass die Musikstücke vervielfältigt und durch Übergabe an den Testbesteller auch verbreitet wurden. Er haftet nicht als Gehilfe, sondern gleich einem unmittelbaren Täter, weil mit dem Brennen der CD und dem Ausfolgen der Vervielfältigungsstücke an den Testbesteller jene Handlungen begangen wurden, durch die in die Rechte der Klägerin eingegriffen wurde. Der behauptete Widerspruch zur Rechtsprechung, wonach als Gehilfe nur haftet, wer den Täter bewusst fördert (4 Ob 97/94 = SZ 67/151 = ÖBl 1995, 84 - Telefonstudien; 4 Ob 279/01k = MR 2002, 156 - Aufzugsanlagen ua), kann daher von vornherein nicht vorliegen.

Der vorliegende Fall unterscheidet sich damit auch von dem der vom Beklagten zitierten Entscheidung 4 Ob 57/95 (= MR 1996, 67 - Leiden der Wärter) zugrunde liegenden Sachverhalt. In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte der Fotograf zwar das Lichtbild an eine Zeitschrift weitergegeben, es aber weder selbst verbreitet noch hatte er an der Verfassung des die Bildnisschutzrechte des Abgebildeten beeinträchtigenden Textes mitgewirkt.

Dass der Beklagte Urheberrechtsverletzungen nur vermeiden kann, wenn er vor Annahme eines Auftrags klärt, ob die zu brennende CD geschützte Musiktitel enthält, bedeutet nicht, dass ihm ein unechtes Unterlassungsdelikt vorgeworfen würde. Der Beklagte hat ein aktives Tun - das Vervielfältigen und Verbreiten geschützter Musikstücke - zu unterlassen; von ihm wird nicht verlangt, den Erfolg der Handlung eines anderen abzuwenden.

Ob eine für den eigenen Gebrauch gebrannte CD mit der Weitergabe nicht in unzulässiger Weise veröffentlicht würde, kann offen bleiben, weil hier keine zulässige Vervielfältigung für den eigenen Gebrauch vorliegt.

Der Beklagte macht in der Zulassungsbeschwerde schließlich noch geltend, dass sich bis zu einem gewissen Grad die Frage stelle, ob das Vorgehen der Klägerin rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 1295 Abs 2 ABGB sei. Er vermag aber nicht darzulegen, dass und inwieweit sich der Testbesteller unlauter verhalten habe, sondern meint nur, dass er ohne die Testperson keine der Handlungen begangen hätte, die ihm vorgehalten werden.

Der Beklagte verkennt damit, dass sich die Testperson gleich wie jeder andere Auftraggeber verhalten hat. Das begründet die vom Beklagten nicht widerlegte Gefahr, dass er auch in anderen Fällen Aufträge zum Brennen von CDs ohne Rücksicht darauf annehmen und ausführen werde, ob die damit vervielfältigten und verbreiteten Musikstücke für die Klägerin geschützt sind. Der Oberste Gerichtshof hat auch schon wiederholt ausgesprochen, dass der Einsatz eines Lockspitzels nur dann sittenwidrig ist, wenn dieser unerlaubte oder verwerfliche Mittel einsetzt (4 Ob 329/83 = SZ 56/57 = ÖBl 1983, 104 [Wiltschek] - Rasierapparat-Testkauf; 4 Ob 70/02a = RdM 2003/29 - Eigenbluttherapie durch Heilpraktiker mwN).

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