Konzessionspflicht nach § 14 TKG

Konzessionspflichtige Dienste

§ 14. (1) Einer Konzession bedarf das Erbringen des mobilen Sprachtelefondienstes und anderer öffentlicher Mobilfunkdienste mittels selbst betriebener Mobilkommunikationsnetze nach Maßgabe des § 20.

(2) Einer Konzession bedarf des weiteren das Erbringen folgender Telekommunikationsdienste:

  1. öffentlicher Sprachtelefondienst mittels eines selbst betriebenen festen Telekommunikationsnetzes,

  2. öffentliches Anbieten von Mietleitungen mittels selbst betriebener fester Telekommunikationsnetze.

In § 12 Abs 2 TKG wird festgelegt, daß die Bestimmungen der Gewerbeordnung auf das Anbieten von konzessionspflichtigen Diensten und das Betreiben von Telekommunikationsnetzen keine Anwendung findet. Die anzeigepflichtigen Dienste werden hingegen nur aus der Anwendung einzelner Bestimmungen der GewO ausgenommen. [1094]

Im ersten Moment erscheint die Bestimmung des § 13 TKG keinerlei Bedeutung für die Anwendung im Bereich des Internets zu haben. Wie allerdings schon zuvor erwähnt, ist es mit Hilfe von geeigneten Programmen auch möglich, Sprache in Echtzeit über das Internet zu übertragen. Kann durch die Anwendung solcher Software eine Konzessionspflicht nach dem TKG konstruiert werden?

Im derzeitigen Stand der Technik funktioniert das Übertragen von Sprache nur, wenn beide Gesprächspartner gleichzeitig mit dem Internet verbunden sind und das gleiche Programm auf ihren Rechnern betreiben. Auch dann ist eine Sprachübertragung nur mit Hilfe des PCs und nicht mit dem Telefon möglich. Telefonieren über Internet fällt - jedenfalls derzeit - mangels "Echtzeitverbindung" nicht unter die gesetzlichen Bestimmungen und ist konzessionsfrei. [1095]

Eine andere Möglichkeit des Telefonierens mit Hilfe des Internets ist das Anwählen normaler Anschlüsse auf dem Festnetz, wobei die Wahlscheibe am PC eingeblendet wird, der Anrufer auch seinen PC zum Telefonieren verwendet, der Angerufene aber keinen PC betreiben muß, sondern direkt mit seinem Telefon den Anruf beantwortet. [1096] Der Anbieter dieses Dienstes kann dieses Service durch ein spezielles Gateway zum normalen Telefonnetz erreichen. Der Anruf kann von der ganzen Welt aus erfolgen. Er wird zuerst über das Internet zu einem Server der anbietenden Firma geleitet, die das Gespräch dann zum, dem Angerufenen nächstgelegenen, Gateway der Firma weiterleitet. Dort erfolgt die Einspeisung in das normale Telefonnetz. Die neugegründete Firma Vienna Systems, ein Tochterunternehmen von Newbridge in Ontario/Kanada, will ab 1998 heimischen Businesskunden solch ein Service ermöglichen. [1097] Auch hier würde man aber nicht von einer Konzessionspflicht sprechen können, da eben kein “ selbst betriebenes festes Telekommunikationsnetz ” besteht. Die Anrufe werden ja über das Internet geleitet.

Diese Position vertritt auch die Europäische Union. [1098] Ein Sprachtelefondienst im Sinn des Art. 2 Abs. 2 lit. e der letzten ONP-Richtlinie 98/10/EG [1099] bedeutet einen der Öffentlichkeit für die kommerzielle Bereitstellung des direkten Transports von Sprache in Echtzeit über das (die) öffentliche(n) vermittelte(n) Netz(e) verfügbarer Dienst, so daß jeder Nutzer das an einem Netzabschlußpunkt an einem bestimmten Standort angeschlossene Endgerät zur Kommunikation mit dem Nutzer eines an einem anderen Netzabschlußpunkt angeschlossenen Endgeräts verwenden kann. Gleichzeitig müssen beide Netzabschlußpunkte mit Hilfe eines öffentlichen, geschalteten (“switched”) Netzwerks verbunden sein. Wenn der Zugang zum Internet mit Hilfe gemieteter Leitungen erfolgt, kann dieses Angebot nie als Sprachtelefonie angesehen werden; sogar dann nicht, wenn der Anruf auf einem öffentlichen geschalteten Netzwerk endet.

Zu erwähnen wäre auch, daß die PTA von allen Internet-Providern, die den Online-Tarif in Anspruch nehmen wollen, eine Verzichterklärung bezüglich Internettelefonie forderte. Diese sind vertraglich gebunden, unter der zum Online-Tarif erreichbaren Telefonnummer keine Sprache in Echtzeit zu übertragen.

Wegen der Beschränkung auf “selbst betriebene Netze” ist der Dienst eines bloßen Service Providers nicht konzessionspflichtig. Mangels “Sprache” sind öffentliche Datendienste und die Dienste der Content Provider nicht konzessions-, sondern allenfalls anzeigepflichtig. [1100]

Der Begriff "öffentliche Dienste"

Im letzten Satz des § 13 Abs 1 TKG ist der Begriff öffentliche Dienste erwähnt. Öffentliche Dienste sind als solche zu bezeichnen. Als Dienste sind natürlich (zumindest auch) Telekommunikationsdienste im Sinn der oben beschriebenen Subsumtion gemeint. Die einzige Definition, die sich auf den Begriff “öffentlich” bezieht, ist die des öffentlichen Telekommunikationsnetzes in § 3 Z 9 TKG. Dieser Begriff weicht aber offensichtlich von dem der “öffentliche Dienste” ab und wirft neue Fragen nach seiner Bedeutung auf. Jedes Unternehmen, das einen Telekommunikationsdienst am Markt anbietet, wird dies öffentlich machen. Bezieht sich der Begriff darauf? Oder sind nicht verschlüsselte Dienste gemeint? Oder bezieht sich der Begriff auf im öffentlichen Eigentum stehenden Telekommunikationsdiensten? [1101] Fraglich bleibt auch, warum der scheinbar weitere Begriff zur Deklaration verpflichtet wurde. E

s wäre leichter den Begriff der verschlüsselten, privaten [1102] oder geheimen [1103] Dienste einzugrenzen.

Diese öffentlichen Dienste haben sich selbst (sic!), denn Entscheidungsgründe werden im Gesetz nicht genannt, als öffentlich zu bezeichnen. Von Bedeutung ist dieser Begriff, da Betreibern von öffentlichen Telekommunikationsdiensten zusätzliche Rechte, aber auch Pflichten eingeräumt werden.

So bestimmt § 17 Abs (2) Konzessionsinhaber sowie Diensteanbieter, die auf Grund einer sonstigen Bewilligung nach diesem Gesetz einen öffentlichen Telekommunikationsdienst erbringen, sind nach Maßgabe ihres aus der Erbringung dieses Dienstes erfließenden Umsatzes gemessen an ihrem Anteil am innerösterreichischen Telekommunikationsmarkt verpflichtet, jährlich einen anteilsmäßigen Finanzierungsbeitrag zur Abdeckung des Aufwandes der Regulierungsbehörde, insbesondere zur Verwaltung, Kontrolle und Durchsetzung der Konzession zu leisten .

§ 27. (1) Durch Verordnung kann der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Betreibern von öffentlichen Telekommunikationsdiensten besondere Versorgungsaufgaben aus regional- oder sozialpolitischen Gründen auferlegen, sofern deren Finanzierung durch den Auftraggeber sichergestellt und die Übernahme dem Betreiber zumutbar ist. Besondere Versorgungsaufgaben können insbesondere in der Reduktion von Tarifen für bestimmte Benutzergruppen bestehen. Anmerkung des Autors: Die Reduktion von Tarifen muß der Auftraggeber nach § 29 ausgleichen.

§43 (3) Erbringer von öffentlichen Telekommunikationsdiensten, die auf anderen Märkten als der Telekommunikation eine marktbeherrschende Stellung innehaben oder in anderen Bereichen über besondere oder ausschließliche Rechte verfügen, haben durch eine geeignete organisatorische oder rechnungsmäßige Trennung ihrer Geschäftstätigkeit im Telekommunikationsbereich von ihren anderen Geschäftsfeldern die Transparenz der Zahlungs- und Leistungsströme zwischen diesen Geschäftsfeldern sicherzustellen.

§ 62. Jedermann ist berechtigt, öffentliche Telekommunikationsdienste einschließlich den Universaldienst und besondere Versorgungsaufgaben unter den Bedingungen der veröffentlichten allgemeinen Geschäftsbedingungen und Entgelte in Anspruch zu nehmen.

Diese Bestimmung normiert einen Kontrahierungszwang für öffentliche Telekommunikationsdienste. [1104] Min.Rat Alfred Stratil, der die Hauptredaktion des TKG vornahm, meint zu dieser Bestimmung: “Ist der Kunde in Zahlungsverzug, so darf der Betreiber den Anschluß erst nach Mahnung und einer neuerlichen Zahlungsfrist von mindestens zwei Wochen abschalten.” [1105] Er spricht bloß von einem Anschluß, der abgeschaltet werden kann. Der Begriff des Telekommunikationsdienstes geht aber über einen bloßen Anschluß hinaus. Jeder Unternehmer, der seine Dienstleistungen und Waren unter gleichzeitiger selbst bewirkter Datenübertragung im Internet anbietet, muß diese verkaufen, wenn an ihn ein Angebot herangetragen wird. Kleine Startup-Internetprovider, die mittels eines günstigen Zugangspreises neue Kunden gewinnen wollen, könnten Probleme haben, auch einer großen Zahl von Kunden eine gute Leistung zu erbringen.

Nur Anbieter von öffentlichen Telekommunikationsdiensten unterfallen dem Begriff des “Betreibers” im Sinn von § 87 Abs 3 Punkt 1 und damit dem Fernmeldegeheimnis in § 88. Um eine verfassungskonforme Auslegung zu erreichen und das Fernmeldegeheimnis des Art 10a StGG nicht materiell auszuhöhlen, wird der Begriff des öffentlichen Telekommunikationsdienstes wohl weit auszulegen sein.

Der Sinn der Vorschriften über öffentliche Telekommunikationsdienste, die dann sowieso auf jeden an Markt anbietenden Telekommunikationsdienst angewandt werden, ist nicht ganz einsichtig. Die Anwendung des Begriffes “Telekommunikationsdienste” allein (nicht öffentlich), ist bloß für Organisiationen denkbar, wenn diese Telekommunikationsdienste ausschließlich für ihre Angehörigen erbringen (Corporate Networks).

§ 13 Abs 2 legt fest, daß von der Anzeigepflicht gemäß Abs. 1 jene Telekommunikationsdienste ausgenommen sind, die den bloßen Wiederverkauf von Telekommunikationsdienstleistungen zum Gegenstand haben. Der Sinn dieser Vorschrift bleibt ebenso verborgen, da wie zuvor dargelegt, solche Telekommunikationsdienstleistungen gemäß § 3 Z 14 letzter Halbsatz nicht unter den Begriff des Telekommunikationsdienst und damit gar nicht in den Geltungsbereich des TKG fallen.

Zur Klarstellung, welche Unternehmen den bloßen Wiederverkauf von Telekommunikationsdienstleistungen zum Gegenstand haben, zählt die Anmerkung der Regierungsvorlage hier etwa das oben erwähnte Betreiben einer Nebenstellenanlage in einem Hotel oder Krankenhaus für Gäste bzw. Patienten oder etwa auf einem Flughafen für die dort ansässigen Unternehmen auf.


[1094] siehe auch Sprinzl, Das neue Telekommunikationsgesetz, S. 12
[1095] Christian Schmelz/Alfred Stratil, Das neue Telekommunikationsgesetz, ecolex 1998, 267
[1096] Dieser Dienst wird in den USA zB von der Firma Net-2-Phone angeboten.
[1097] Telefonlösung für "Gratisgespräche" via PC, APA-Info-Highway, im Internet unter http://webfactory.apa.at/scripts/depot/hig/19971111DBI052.txt
[1098]Status of voice communications on Internet under community law and, in particular, under directive 90/388/EEC, OJ C 6, 10.01.1998, Im Internet unter http://europa.eu.int/en/comm/dg04/lawliber/en/voice.htm
[1099] ABl L 101 S. 24 vom 1.4.1998, im Internet unter http://www.ispo.cec.be/infosoc/telecompolicy/en/Onpvcde.wpd
[1100] Christian Schmelz/Alfred Stratil, Das neue Telekommunikationsgesetz, ecolex 1998, 267
[1101] Dies ist im Lichte der Liberalisierung allerdings mehr als unwahrscheinlich.
[1102] Diese würden aber sowieso nicht unter das TKG fallen (§ 3 Z 11: gewerbliche Dienstleistung )
[1103] Im Sinn von nicht-öffentlich
[1104] Christian Schmelz/Alfred Stratil, Das neue Telekommunikationsgesetz, ecolex 1998, 267
[1105] Christian Schmelz/Alfred Stratil, Das neue Telekommunikationsgesetz, ecolex 1998, 267
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