Anders als bei den zuvor beschriebenen Fällen,
mit denen man meist mit den Instrumentarien des bestehenden Rechts auskommt,
stellt sich die Frage nach der Zulässigkeit der Registrierung von Gattungsbegriffen
oder beschreibenden Angaben wie zum Beispiel “rechtsanwalt.at”.
§ 4 Abs 1 Z 3 MaSchG bestimmt, daß Zeichen,
die zur Bezeichnung von bestimmten Gattungen von Waren oder Dienstleistungen
in Verkehr allgemein gebräuchlich sind von der Registrierung nach dem
Markenschutzgesetz ausgeschlossen sind. Solch eine Vorgangsweise wird vom
§ 4 Abs 3 MaSchG sogar unter Strafe gestellt.
Gleiches gilt gemäß § 4 Abs Z 2 MaSchG
für Angaben über Ort, Zeit oder Art der Herstellung, über
die Beschaffenheit, über die Bestimmung, über Preis-, Mengen-
oder Gewichtsverhältnisse der Ware oder über Ort, Zeit oder Art
der Erbringung, über die Beschaffenheit, über die Bestimmung,
über Preisverhältnisse oder Umfang der Dienstleistung enthalten.
Hier kann jedoch die Ausnahmebestimmung des § 4 Abs 2 MaSchG zur Anwendung
kommen, die besagt, daß die Registrierung doch zugelassen wird, wenn
das Zeichen in den beteiligten Verkehrskreisen als Kennzeichen der Waren
oder Dienstleistungen des Unternehmens des Anmelders gilt.
Die zu stellenden Anforderungen sind vom Ausmaß
des Freihaltebedürfnisses abhängig. Danach besteht für
Wörter der allgemeinen Umgangssprache, aber auch für Ausdrücke
einer Fachsprache ein absolutes Freihaltebedürfnis. [997]
Sie dürfen dem Gebrauch im Geschäftsverkehr nicht durch Monopolisierung
zugunsten einer bestimmten Person entzogen werden.
Da das MaSchG bei der Zuteilung von Domainnamen nicht
anzuwenden ist und es auch keine vergleichbare andere Vorschrift gibt, finden
diese Grundsätze bei der Domainvergabe keine Anwendung. Dies erklärt
sich auch daraus, daß die Registrierung der Domainnamen sehr rasch
und effizient und überdies mit möglichst wenig Personal erledigt
werden muß.
Im Hinblick auf die Unterscheidungskraft wäre
es auch unnötig die gleichen Voraussetzungen für die Zuteilung
eines Domainnamens zu fordern wie für eine Marke oder ein anderes Kennzeichen.
Die Unterscheidungskraft einer Marke knüpft an das inhaltliche Verständnis
der Abnehmer an, eine Marke von anderen Marken trennen zu können. Für
die Erfüllung der Unterscheidungsfunktion eines Domainnamens genügt
es, daß die Bezeichnung zur eindeutigen Identifizierung eines bestimmten
Rechners geeignet ist. Schon die Abweichung um einen Buchstaben genügt
zur Erfüllung dieser Aufgabe. Der Aspekt ihrer inhaltlichen Aussage
ist dafür ohne Belang.
Bezüglich des Freihaltebedürfnisses von Mitbewerbern
kann eine Parallelität zum Marken- und sonstigen Kennzeichenrecht aber
nicht geleugnet werden. Ebenso wie die Markeneintragung verschafft die Registrierung
der Domain dem Anmelder für einen bestimmten Bereich eine exklusive
Position, die für jeden anderen Interessenten gesperrt bleibt. Die
Auswirkungen beziehen sich allerdings nicht auf den Schutzbereich des Markenrechts,
das heißt es bleibt Mitbewerbern unbenommen, diese Bezeichnung weiterhin
in jeder anderen Hinsicht zu verwenden. Die Bedeutung wird aber um so stärker,
je mehr die Vertragsanbahnung und Abwicklung über das Internet an Verbreitung
gewinnt.
Es gibt in Deutschland bereits einen Gerichtsbeschluß
zu dieser Problematik. Das OLG Frankfurt [998]
meint, daß allgemeine Begriffe als Domains oder in Domains verwendet
werden dürfen und sieht allgemein keine Freihaltebedürftigkeit
von allgemeinen Begriffen bei Domains. Die Unterlassung ihrer Verwendung
kann weder in analoger Anwendung des (deutschen) Markenrechtes unter dem
Gesichtspunkt der Freihaltebedürftigkeit noch nach wettbewerbsrechtlichen
Regeln verlangt werden.
Das Gericht sieht die Parallele der Domainnamen und
dem Markenrecht, betont aber, daß das markenrechtliche Freihaltebedürfnis
die rechtliche Monopolstellung verhindern will, das Domainsystem
hingegen nur eine tatsächliche Monopolstellung vermittelt. Dies
rechtfertige nicht die analoge Anwendung der Vorschriften des Markenrechts.
Auch wird betont, daß bezüglich der Online-Adressierung nur die
identische Verwendung durch einen anderen entgegen steht, so daß schon
durch geringfügige Abwandlungen oder Zusätze die tatsächliche
Sperrwirkung überwunden werden kann. Ganz anders sei dies im Markenrecht,
wo ein Unterlassungsanspruch auch gegen bereits verwechslungsfähige
Bezeichnungen zu gewähren ist. Vor allem aber setzt die Registrierung
eines Internetdomainnamens kein staatliches Prüfungs- und Überwachungsinstrumentarium
voraus, weshalb keine markenrechtliche Analogie anzunehmen ist.
Insoweit ist dem Gericht sicherlich zuzustimmen.
In Österreich ist die Registrierung von Domainnamen,
die im Markenrecht freihaltebedürftig sind, ebenfalls weit verbreitet
[999].
Aber nicht nur innerhalb des “at”-Domainraumes sind österreichische
bzw. deutschsprachige Domains heiß begehrt. So bietet ein schweizer
Unternehmen namens “Cyberrunner” [1000]
hunderte deutschsprachiger Domains unter der TLD “com” an, die
teilweise eindeutigen Bezug zu Österreich haben (z.B. www.schönbrunn.com,
www.staatsoper.com, www.baden.com, www.weinbau.com, www.kunsthaus.com, www.seefeld.com).
Eine markenrechtliche Lösung zeichnet sich, wie
oben erwähnt, nicht ab. Eventuell kommt, neben dem Namensrecht nach
§ 43 ABGB, ein Anspruch nach § 2 UWG (Irreführung) oder §
1 UWG (Sittenwidrigkeit) in Betracht. Dies wurde im obenstehenden Fall zwar
verneint, die Möglichkeit des Anspruchs wurde aber bejaht.
Im gegenständlichen Fall war nämlich unter
der Domain “www.wirtschaft-online.de" das Leistungsangebot der Antragsgegnerin
thematisch zutreffend beschrieben. “Eine Irreführungsgefahr der
von der Antragstellerin behaupteten Art rückt daher nur dann in den
Bereich des Möglichen, wenn der Teilnehmer neben der Online-Adresse
Zusatzinformationen erhält, die einerseits erkennen lassen, daß
es sich um einen Wirtschaftsinformationsdienst handelt, andererseits aber
noch nicht offenlegen, daß dieser Dienst (lediglich) von einer bestimmten
Verlagsgruppe angeboten wird.”
Weinknecht, der den Beschluß im Internet veröffentlicht
[1001] und
glossiert [1002]
hat, extrahiert aus dem Urteil den Leitsatz: Allgemeine Begriffe dürfen
als Domains oder in Domains verwendet werden. Die Unterlassung ihrer Verwendung
kann weder in analoger Anwendung des Markenrechts unter dem Gesichtspunkt
der Freihaltebedürftigkeit noch nach wettbewerbsrechtlichen Regelungen
verlangt werden.
Er selbst meint aber zu dem Urteil, daß unter
dem Gesichtspunkt des sog. "Abfangens von Kunden" (§ 1 UWG) durchaus
Bedenken gegen alle Domains bestehen, die ausschließlich aus Gattungsbegriffen
bestehen und gleichzeitig Assoziationen zu konkreten Waren oder Dienstleistungen
wecken wie z. B. "rechtsanwalt.de". Ähnlich könnte man bei obenstehenden
Domains argumentieren. Es kommt allerdings auf die spezifische Ausgestaltung
des Angebots an.
Eine denkbare Lösung wäre die Pflicht des
Inhabers der aus Gattungsbegriffen bestehenden Domain zur Einrichtung von
Subdomains gegen Entgelt. Diese Pflicht sollte aber nicht generell bestehen,
sondern nur durch ein Gerichtsurteil, nach Feststellung des Bedarfs der
Nutzung durch weitere Personen, begründet werden. Dieser Ansatz hat
zwei Vorteile:
Der Inhaber der Domain beispielsweise “rechtsanwalt.at”
kann diese weiter benutzen. Da er offenbar als erster die Bedeutung der
Domainnamen erkannt hat, wird er nicht um den Vorteil dieser Weitsicht und
der frühen Registrierung gebracht. Gleichzeitig wäre den Interessen
anderer Rechtsanwälte gedient, wenn diese die leicht merkbare Domain
“NACHNAME.rechtsanwalt.at” gegen Kostenersatz benützen
dürften.
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