Da die Benutzung eines Domain-Namens sowohl
im Hinblick auf seine blockierende Wirkung als auch die damit verbundene
Kanalisierung von Kundenströmen über den durch die kennzeichenrechtlichen
Sondervorschriften geschützten Tatbestand hinausgreift, bleibt schließlich
auch Raum für die Anwendung der wettbewerblichen Generalklausel des
§ 1 UWG.
Um mit Hilfe des § 1 des Gesetzes gegen
den unlauteren Wettbewerb (UWG) Anspruch auf Schadenersatz zu erlangen, muß
die Kennzeichenverletzung beim
zu Zwecken des Wettbewerbs erfolgen und
gegen die guten Sitten verstoßen.
Die Inanspruchnahme von Kennzeichenschutz
auf der Grundlage des § 1 UWG setzt zunächst voraus, daß eine
Benutzung im geschäftlichen Verkehr und nicht nur im Rahmen der privaten
Sphäre erfolgt. Zum geschäftlichen Verkehr gehört jede selbständige,
auf Erwerb gerichtete Tätigkeit im weitesten Sinn. Der Begriff entspricht
damit etwa dem weitgefaßten Unternehmensbegriff des KSchG. [972]
Für die Anwendung dieser Vorschrift
ist daher von vornherein kein Raum, wenn eine Privatperson einen Domain-Namen
registriert, um diesen für eine ausschließlich privaten Zwecken
dienende Website zu benutzen. [973]
Handelt es sich bei dem Domaininhaber um ein Unternehmen, das die Website
zum Verkauf oder zur Werbung einsetzt, kann nicht zweifelhaft sein, daß
die Benutzung des Domain-Namens in den Bereich des geschäftlichen Verkehrs
fällt.
Hier ist nach ganz hA ein Wettbewerbsverhältnis
und eine Wettbewerbsabsicht Voraussetzung zur Erfüllung dieses Kriteriums.
[974]
Das Wettbewerbsverhältnis liegt in
erster Linie zwischen Unternehmern vor, die sich an einen im wesentlichen
gleichen Kreis von Abnehmern wenden. [975]
Sie müssen einander bezüglich des Absatzes der Produkte behindern
können. Es genügt, daß sich die Parteien um denselben Kundenkreis
bemühen. [976]
Eine konkrete Wettbewerbsbeziehung braucht nicht zu bestehen. Eine mittelbare
Beeinträchtigung des Absatzes genügt. [977]
Die Wettbewerbsabsicht wird nach stRsp vermutet,
wenn die Handlung der Förderung des eigenen Wettbewerbs dient und objektiv
den Charakter einer Wettbewerbshandlung hat. Freilich muß die beanstandete
Handlung nicht nur objektiv geeignet sein, den Absatz eines Unternehmens auf
Kosten der Mitbewerber zu fördern, sondern darüber hinaus auch subjektiv
von der entsprechenden Wettbewerbsabsicht getragen sein. [978]
Diese Wettbewerbsabsicht wird von der Rechtssprechung recht bald angenommen.
So reicht beispielsweise das Suchen von Vertriebspartnern dafür aus.
[979] Ob seitens
eines Beklagten die Absicht vorliege, gerade den Kläger Schaden zuzufügen,
ist unerheblich.
Zu beachten ist, daß die Rechtsprechung
u.a. in der Fallkonstellation der Ausbeutung des Rufs branchenfremder Zeichen
ein Wettbewerbsverhältnis auch dann annimmt, wenn die beiden zuvor erwähnten
Voraussetzungen bezüglich des Wettbewerbsverhältnisses nicht gegeben
sind. “Die Rsp umgeht dieses Problem - dogmatisch verfehlt - indem sie
das Wettbewerbsverhältnis nicht voraussetzt, sondern als Folge des Eingriffs
“ad hoc” [980]
annimmt.” [981]
In diesen Fällen wird das Wettbewerbsverhältnis erst durch die Wettbewerbshandlung
geschaffen. Das trifft zu, wenn Anbieter verschieder Produkte sich um denselben
Kunden bemühen, so zB wenn ein Verkäufer von Schokolade potentielle
Nachfrager nach Blumen zu überzeugen versucht, sein Angebot sei als Geschenk
besser geeignet. [982]
Als weiteres Beispiel führt der OGH einen Autohändler an, der unter
dem Aspekt der Behinderung als unmittelbar Verletzter aus § 1 UWG einen
Möbelhändler auf Unterlassung und Ersatz klagen, wenn dieser ihm
Kunden dadurch abspenstig macht, daß er auf die Solidität seiner
Möbel hinweist und die Gefahren des Autofahrens anprangert. [983]
Diese Rechtsprechung [984]
führt im Ergebnis zu einer Aufweichung der Voraussetzung des Wettbewerbsverhältnisses.
Eventuell ist diese Aufweichung im speziellen Bezug auf Domainnamen aber sogar
gerechtfertigt. Denn § 9 UWG fordert kein Wettbewerbsverhältnis
sondern nur Handeln im geschäftlichen Verkehr.
Das Sittenwidrigkeitsurteil iS des UWG orientiert
sich an den Funktionsbedingungen des Leistungswettbewerbs, der Unternehmer-,
Verbraucher- sowie Allgemeininteressen. [985]
Zur Auslegung des “guten Sitten”-Begriffs
entwickelte der OGH in der “Sektspiel-Entscheidung” [986]
die induktive Methode, die aus den Sondertatbeständen Wertungsgesichtspunkte
für § 1 UWG gewinnt. “Ansatzpunkt hiefür ist die Überlegung,
daß eine Handlung, die den Tatbestand einer Sonderregelung nicht zur
Gänze erfüllt, deshalb nicht ohne weiteres im Umkehrschluß
auch den guten Sitten entspricht. Vielmehr ist nach dem erkennbaren Normzweck
zu prüfen, ob damit ein dem ausdrücklich verbotenen Verhalten inhaltlich
ähnlicher Effekt erzielt wird.” [987]
Falls also eine Subsumtion unter den §
9 UWG fehlschlägt, ist sehr wohl die Anwendung der Generalklausel des
§ 1 UWG zu prüfen. Das Erfordernis des Wettbewerbs könnte sich
nach der Rsp schon “ad hoc” ergeben.
Die Benutzung eines mit der Marke oder geschäftlichen
Bezeichnung eines Konkurrenzunternehmens identischen Domain-Namens mit dem
Ziel, hierdurch wettbewerbliche Vorteile auf Kosten des Mitbewerbers zu erlangen,
wird ein unlauteres, gegen die guten Sitten verstoßendes Verhalten i.S.d.
§ 1 UWG darstellen.
In Deutschland ist bereits eine Entscheidung
zu diesem Thema, nämlich der Anwendung des § 1 dUWG im Bezug auf
Internetdomains ergangen: “Wer eine Domain nur deshalb für sich
registrieren läßt, um mit dem Namensinhaber anschließend
über eine Zusammenarbeit im Internetbereich zu verhandeln, handelt sittenwidrig
und damit wettbewerbswidrig im Sinne des § 1 dUWG. Ein Unterlassungsanspruch
besteht in diesem Fall jedenfalls dann, wenn der Domaininhaber mit dem Angebot
des Namensinhabers identische Waren oder Dienstleistungen anbietet.”
[988]
Auch der schon oben erwähnte Beschluß
des OGH [989]
befasst sich mit der Anwendung des § 1 UWG in Bezug auf Domainnamen.
Der Schädiger muß allerdings bei Erwerb des Domainnamnes in Behinderungsabsicht
gehandelt haben, was im vorliegenden Fall nicht behauptet wurde. Auch war
zur Zeit der Registrierung des Domainnamens der registrierte Name nicht Teil
der Firma der Klägerin, sodaß es an einem schutzwürdigen Interesse
der Klägerin fehlt, die unentgeltliche Übertragung eines von einem
Dritten registrierten Doaminnamens auf sie zu begehren.
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