§ 100.(1) Fangschaltung ist die vom
Willen des Anrufenden unabhängige Feststellung der Identität eines
anrufenden Anschlusses.
(2) Sofern ein Teilnehmer dies zur Verfolgung belästigender
Anrufe wünscht, hat der Betreiber eine Fangschaltung oder die Aufhebung
der Unterdrückung der Rufnummernanzeige für zukünftige Anrufe
einzurichten. Er darf dafür ein Entgelt verlangen.
(3) Das Ergebnis der Fangschaltung ist dem Teilnehmer
bekanntzugeben, wenn er die Tatsache von belästigenden Anrufen während
der Überwachung glaubhaft macht.
Die Normierung der Bestimmung über die Fangschaltung[1145]
hat während der Entstehung des TKG bereits Anlaß zu Bedenken
gegeben.[1146]
Im Kern geht es um einen Konflikt zwischen der Bestimmung des Art 10a StGG
und der Bestimmung der Fangschaltung.
Art 10a StGG bestimmt :
(1) Das Fernmeldegeheimnis darf nicht verletzt werden.
(2) Ausnahmen von der Bestimmung des vorstehenden Absatzes
sind nur auf Grund eines richterlichen Befehles in Gemäßheit
bestehender Gesetze zulässig.
Das Fernmeldegeheimnis umfaßt auch die Tatsache,
ob jemand an einem Telekommunikationsvorgang beteiligt war oder ist.[1147]
Nach dem alten Fernmeldegesetz war die Fangschaltung eine zusätzliche
technische Einrichtung, die einen eigenen Datenbestand ergab.[1148]
Es wurden keine Vermittlungsdaten im engeren Sinn zur Eruierung des Anrufers
verwendet und das Ergebnis wurde nur dem Gericht und nicht dem Antragsteller
mitgeteilt. Nach der Neufassung der Regelung gilt dies nicht mehr.
Abs 3 der derzeit gültigen einfachgesetzlichen
Normierung des Fernmeldegeheimnisses spricht ausdrücklich davon, daßdas
Mithören, Abhören, Aufzeichnen, Abfangen oder sonstige Überwachen
einer im Rahmen der Nutzung eines öffentlichen Telekommunikationsdienstes
erfolgten Kommunikation sowie die Weitergabe von Informationen darüber
durch andere Personen als einen Benutzer ohneEinwilligung aller beteiligten
Benutzer unzulässig ist.
Gerade diese Einwilligung aller Benutzer ist bei der
Fangschaltung nicht gegeben. Bei digitalen Telefonsystemen wird standardmäßig
die Telefonnummer des Anrufers beim Angerufenen angezeigt. Diese Anzeige
muß, gemäß der TK-Datenschutzrichtlinie der EU, auf beiden
Seiten kostenfrei unterdrückt werden können. Genau diese Unterdrückung
wird durch das Einrichten einer Fangschaltung aufgehoben, der betreffende
Teilnehmer weiß davon allerdings nichts.
Das Problem ist nur in Konformität mit der verfassungsgesetzlichen
Bestimmung des Art 10a StGG lösbar. Art 10a StGG[1149]
bestimmt, daß das Fernmeldegeheimnis nicht verletzt werden darf. Ausnahmen
von der Bestimmung des vorstehenden Absatzes sind nur auf Grund eines richterlichen
Befehles in Gemäßheit bestehender Gesetze zulässig. Der
Artikel sieht also einen Gesetzesvorbehalt vor. Zwar sind die beiden Voraussetzungen
für die Ausnahmen des Fernmeldegeheimnisses nicht durch das Wort “und”
verbunden, trotzdem ist von einer kumulativen Anwendung der Voraussetzungen
auszugehen. Denn ansonst würde ein einfaches Gesetz dem Verfassungswortlaut
derogieren bzw. wären die Worte “nur auf Grund eines richterlichen
Befehles” im Verfassungswortlaut ohne Bedeutung. Dies kann aber dem
Verfassungsgesetzgeber sicher nicht unterstellt werden. Hätte der Verfassungsgesetzgeber
dem einfachen Gesetzgeber die Wahl gelassen, ob er einen richterlichen Befehl
für den Eingriff voraussetzt, hätte er das Wort “oder”
verwendet. Dies ist aber offensichtlich nicht der Fall. Die Verfassungswidrigkeit
dieser Bestimmung des TKG, die keinen richterlichen Befehl vorsieht, ist
damit indiziert.[1150]
In den Erläuterungen zum TKG wird zur Zulässigkeit
des § 100 auf den Artikel 9 der TK-Datenschutzrichtlinie der EU verwiesen.
Diesem Verweis auf Artikel 9 ist zweierlei entgegenzuhalten:
Die Bestimmung ist nicht direkt anwendbar sondern ist von den Mitgliedstaaten “in Übereinstimmung mit nationalen Gesetzen”[1151] umzusetzen. Diese Übereinstimmung mit nationalem Recht, nämlich dem Verfassungsrecht, ist nicht gegeben.
Die erlangten Daten sollen vom Telekombetreiber gespeichert und nicht direkt dem Kunden bekannt werden:..,the data containing the identification of the calling subscriber will be stored and be made available by the provider of a public telecommunications network and/or publicly available telecommunication service;[1152]Ob die Daten nur dem Gericht zugänglich sein sollen oder an Kunden herauszugeben sind, wird von der Richtlinie nicht bestimmt.
Der Verweis auf Artikel 9 geht im Ergebnis ins Leere,
ja § 100 TKG widerspricht diesem sogar, da keine Übereinstimmung
mit nationalem Recht gegeben ist.
Die Regelung der Fangschaltung hat aber keinen Einfluß
auf internetspezifische Themen. Eine weitergehende Behandlung dieses Themas
soll hier nicht erfolgen.[1153]