Schutz der Marke und der geschäftlichen Bezeichnung gegen die Benutzung als Domain-Name durch ein branchenfremdes Unternehmen

Die Gestaltung des Internetnamensraums als “flacher” Adressraum birgt das Konfliktpotential, daß ein Kennzeichen mit einem Domain-Namen im Internet auch dann in Konflikt geraten kann, wenn die jeweiligen Inhaber auf verschiedenen Sektoren des Marktes tätig sind. Ein Beispiel für eine solche Fallkonstellation bildet der derzeit beim District Court of Virginia anhängige Rechtsstreit Roadrunner Computer Systems ./. Warner Brothers, Inc.(U.S. District Court for the Eastern District of Virginia (Civil Docket Nr.96-413-A). [906]

Das Computerunternehmen Roadrunner Comp. hatte sich bereits im Mai 1994 für eine Präsenz im Internet entschlossen und sich den Domain-Namen roadrunner.com in Anlehnung an die eigene Unternehmensbezeichnung registrieren lassen. Als Warner Brothers feststellte, daß der Domain-Name roadrunner.com bereits durch Roadrunner Computersystems besetzt war, wandte es sich an NSI und berief sich auf seine für Spielzeug (u.a. Plüschtiere und Halloween Kostüme) eingetragene Marke "Roadrunner". Es erreichte, daß dem Softwareunternehmen der Domain-Name bis zur gerichtlichen Klärung wieder entzogen und gemäß Ziff 6 Abs 3 des Domain-Name Dispute Policy Statement von InterNIC auf "Hold-Status" [907] gesetzt wurde. Nachdem NSI an dieser Entscheidung auch dann festhielt, als Roadrunner Computersystems die Eintragung der Marke "Roadrunner" in Tunesien [908] bewirkt hatte, erhob das Unternehmen Klage mit dem Begehren, NSI zu verpflichten, ihm den begehrten Domain-Namen wieder zur Verfügung zu stellen. [909]

Das Landgericht München [910] behandelte bereits einen ähnlich gelagerten Fall. Unter der Domain “freundin.de” betrieb die Beklagte eine Partnerschaftsvermittlung, die Klägerinnen sind Herausgeberinnen der seit 1948 erscheinenden Zeitschrift “Freundin” und sind Markeninhaber für die Klassen 41 und 16 (Druckschriften, Zeitungen und Zeitschriften, Bücher; Veröffentlichung und Herausgabe von Druckschriften, Zeitungen und Zeitschriften, Büchern). Die Klägerinnen machten einen umfassenden Unterlassungsanspruch geltend, den das Gericht abwies, da die Marke der Klägerinnen nicht für Dienstleistungen der Partnervermittlung eingetragen war, weiters sich die gegenüberstehenden Waren nicht ähnlich sind und deshalb keine Verwechslungsgefahr bestand. Weiters erkannte das Gericht keine Anhaltspunkte, daß die Beklagte den Domainnamen deshalb gewählt hätte, um die Klägerinnen zu behindern. Eine Unlauterkeit im Sinn des MarkenG kann nicht daraus hergeleitet werden, daß die Beklagte einen beschreibenden Begriff gewählt hat. Auch Ansprüche aus § 12 BGB bestehen nicht, da der Name nicht als Name des Inhabers angesehen wird und es sich nicht um ein berühmtes Kennzeichen handelt. Auch wettbewerbsrechtliche Ansprüche der Klägerinnen wurden zurückgewiesen. Eine Ausnutzung der Kanalisierungsfunktion von Domains - Interessenten des Angebots der Klägerinnen würden auf die Seite der Beklagten umgeleitet - liegt nicht vor.

Nach österreichischem Recht würden in einem solchen Fall weder nach den Bestimmungen des Markenschutzgesetzes noch nach der Generalklausel des § 1 UWG oder aufgrund des deliktsrechtlichen Schutzes der Kennzeichen nach § 43 ABGB Abwehransprüche bestehen. Auf die eingetragene Marke gestützte Ansprüche gemäß §§ 51 Z1 Markenschutzgesetz scheitern bereits daran, daß der Domain-Name in den betreffenden Fällen nicht für gleiche oder ähnliche Waren benutzt wird, für welche die Marke Schutz genießt. Das gleiche gilt für die auf § 52 Abs. 1 Markenschutzgesetz gestützten Ansprüche der Inhaber von Namen, Firmen oder Bezeichnungen eines Unternehmens, da wegen der Branchenverschiedenheit der Unternehmen im Regelfall auch eine Verwechslungsgefahr ausscheidet.

Für Ansprüche nach § 1 UWG werden sich Schwierigkeiten schon hinsichtlich des Merkmals des Wettbewerbsverhältnisses ergeben. Wenn sich der Domaininhaber - wie im obigen Beispiel selbst auf ein eigenes Kennzeichenrecht berufen kann, liegen die Dinge klar. Im Streit um die “besten Adressen" im Internet stehen sich die Unternehmen unterschiedlicher Branchen als Gleichberechtigte gegenüber, so daß demjenigen der Vorzug gebührt, der sich sein Kennzeichen zuerst als Domain-Name hat eintragen lassen. Es bleibt bei dem Grundsatz "first come, first served".

Eine eventuelle Lösung bietet § 9 UWG, da hier die Unternehmen nicht zu Zwecken des Wettbewerbs sondern nur im geschäftlichen Verkehr handeln müssen. Diesbezüglich ist auf die Ausführungen unter Der Schutz von Kennzeichen gegen die Benutzung als Domain-Namen gemäß §§ 9, 2, 14ff UWG zu verweisen.

Bettinger[911] zeigt sich diesbezüglich zu recht skeptisch, da diese Behinderung nämlich keineswegs auf unlauteren Motiven beruht, sondern allein die Folge des bestehenden Domain-Name-Systems ist, bei dem derselbe Domain-Name auch bei Branchenverschiedenheit nur an ein Unternehmen vergeben werden kann. Dem Zeicheninhaber wird im Regelfall keine andere Wahl bleiben, als auf eine andere Internetadresse auszuweichen oder den Domaininhaber gegen Zahlung zur Überlassung des registrierten Domain-Namens zu bewegen.


[906] Oppedahl, Analysis and Suggestions regarding Domain Name Dispute Policy, http://www.patents.com/nsi/iip.sht
[907] “Hold-Status” bedeutet diesbezüglich, daß keines der beiden Unternehmen die gewünschte Domain benutzen darf.
[908] Die Bemühungen Roadrunners Comp. in Tunesien im Schnellverfahren (die Markenregistrierungsdaür dauert dort nur 2 Tage) eine Markenregistrierung herbeizuführen, beruhen auf Ziff. 6 Abs.2 i.V.m. Ziff 5 der Dispute Policy vom 23. November 1995. Danach hatte der Domain-Inhaber das Recht, die Benutzung des Domain-Namens fortzusetzen, wenn er gegenüber NSI innerhalb einer Frist von 30 Tagen (Ziff. 6 c) selbst den Nachweis einer Markenregistrierung erbrachte. Nach der revidierten Fassung vom 9. September 1996 besteht diese Möglichkeit nur noch dann, wenn die Markenregistrierung erfolgte, bevor der Domain-Inhaber durch NSI oder einen Dritten von dem gegenüber NSI erhobenen Widerspruch des Markeninhabers gegen den Domain-Namen in Kenntnis gesetzt wurde. Im Rechtsstreit Roadrunner Comp./.Warner Brother konnte auch die im Eilverfahren in Tunesien bewirkte Markenregistrierung nicht den erhofften Erfolg bringen, da die für den Einwand der Markenregistrierung geltende Frist von 30 Tagen bereits abgelaufen war.
[909] Falldarstellung nach Bettinger, Kennzeichenrecht im Cyberspace, GRUR Int 5/1997, S. 402, im Internet unter http://www.nic.de/rechte/bettinger.html
[910] Landgericht München I, Urteil vom 18. Juli 1997, 21 O 17599/96, "freundin.de", im Internet unter http://www.online-recht.de/vorent.html?LGMuenchen970718
[911] Bettinger, Kennzeichenrecht im Cyberspace, GRUR Int 5/1997, S. 402, im Internet unter http://www.nic.de/rechte/bettinger.html
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