Warum sollen Marken im Hinblick auf Domainnamen im
Internet überhaupt geschützt werden? Und warum sollen Domainnamen
dem Markenrecht unterworfen werden?
Mit dieser Frage hat sich auch die WIPO in ihrem offenen
Brief vom 18. Juni 1997 [820]
beschäftigt. Die WIPO erkennt, daß akzeptierte Prinzipien des
Handelsrechts wie beispielsweise die Einhaltung von Markenrechten auch auf
das Internet Anwendung finden müssen, da das Internet ein kommerzielles
Medium ist oder sich gerade dazu entwickelt. Weiters stellt die WIPO fest,
daß Markenrechte, als eines der am weitestgehend anerkannten Prinzipien
des Handels, auf jeden Fall auf das Internet angewandt werden. Dies zeigt
sich auch in den international bereits zahlreich vorliegenden Gerichtsentscheidungen.
Die WIPO, genauso wie die INTA [821]
(International Trademark Association), sieht in Markenrechten die Funktion
der “Konsumentschutz”-Rechte. Marken sind das Signal, das den
Konsumenten zu einer bestimmten Ware oder Dienstleistung führt und
diese aus der Fülle gleichartiger Angebote individualisierbar macht.
Neben dieser Herkunftsfunktion [822]
erfüllen Marken auch eine Garantiefunktion [823],
indem sie auf ein bestimmtes Unternehmen und eine bestimmte Qualität
hinweisen, und nicht zuletzt auch eine Werbefunktion. [824]
In vielen Fällen, so meint die WIPO weiter, wären
die irrtümlich gekauften Waren oder Dienstleistungen nicht von der
Qualität, die sich der Konsument von den Markenwaren erwartet. Dieser
Aspekt von Markenrechten sei am Internet besonders wichtig, da die Quelle
der bezogenen Information oft nicht bekannt sei. Gerade wenn man sich über
Produkte “online” informieren will, hat der Konsument wesentlich
weniger Möglichkeit das Gut genau anzusehen und ist meist auf verschönernde
Hochglanzfotos angewiesen. Es besteht auch keine Möglichkeit sich beim
Verkaufspersonal über die Herkunft der Ware zu erkundigen. Tatsächlich
ist der Indikator der Informationsquelle einer WWW-Seite eben oft der Domainname
selbst! So wird man wohl annehmen, daß alle Produkte, die auf der
Homepage www.nestle.com von dem Schweizer Nestle-Konzern stammen, dementsprechende
Qualität aufweisen und gewisse Kontrollen unterlaufen müssen,
bevor sie auf den Markt gebracht werden. Die WIPO meint, daß durch
die Verwendung eines Domainnamens entweder ein Eingriff in ein Markenschutzrecht
erfolgen könne oder durch eine nicht geschützte Bezeichnung eine
Irreführungsgefahr ausgehen kann.
Ein anderer Aspekt der Markenrechte ist der Zwang auf
den Produzenten, das Qualitätsniveau der unter der Marke firmierenden
Produkte möglichst hoch zu halten, um den Ruf der Marke nicht zu verwässern.
[825]
Die WIPO meint, daß Domain Namen von ihrer Natur
her markenähnlich seien und oft dazu benutzt werden, um Internetanwender
zur Homepage des Unternehmens zu bringen, dessen Domainname auch dessen
Markenzeichen ist. [826]
Trotzdem haben markenrechtliche Aspekte bei der Zuteilung von Internet Domain
Namen bis jetzt keine Rolle gespielt. Dies führte zu der Kollision
von Internetdomain Namen und nationalen Markenschutzrechten.
Die Schwierigkeiten ergeben sich durch einen grundsätzlichen
Unterschied der Markenrechts- und des Domainnamenssystems: Im Markenrecht
kann die selbe Marke von verschiedenen Unternehmen registriert werden, zum
Beispiel in Verbindung mit verschiedenen Branchen oder verschiedenen Ländern.
Im Domain Namens System muß hingegen jeder Name einzigartig unter
jeder Top Level Domain sein. Zur Zeit existiert aber nur eine weltweite
Top Level Domain (.com), die Unternehmen und Privatpersonen zur Verfügung
steht.
Kann ein Domainname überhaupt dem österreichischen
Kennzeichenrecht unterfallen? Im österreichischen Recht unterfallen
Marken, Namen juristischer und natürlicher Personen und die geschäftlichen
Kennzeichen besonderem Schutz. (Beispielsweise nach § 9 UWG, §
43 ABGB, § 37 HGB oder eben dem MaSchG) Was haben diese Elemente gemeinsam?
Kennzeichen weisen sich durch ihre Individualisierungs-
und Identifizierungsfunktion aus. Der Name identifiziert eine individuelle
Person, die geschäftliche Bezeichnung deutet auf einen bestimmten Anbieter
kommerzieller Leistungen und die Marke bezieht sich auf bestimmte Produkte
oder Dienstleistungen. [827]
Der Domainname bezieht sich nun aber auf einen bestimmten,
weltweit identifizierbaren Speicherplatz in einem an das Internet angeschlossenen
Computer [828].
Er erlaubt das Auffinden von Information im Internet und hat insoweit die
Funktion einer Adresse. Allein an dieser Funktion knüpften einige frühe
Urteile der deutschen Rechtsprechung [829]
an, die die Domainnamen mit Telefonnummern oder Postleitzahlen, die nicht
zu den Kennzeichen zählen, verglichen haben. Telefonnummern und Postleitzahlen
sind aber in Österreich, im Gegensatz zu Domainnamen, nicht frei wählbar.
Auch bestehen die Domainnamen nicht aus Zahlenkombinationen sondern aus
Worten, deren Bedeutungsgehalt sich von Zahlen abhebt. In diesem Sinn entschied
auch das Landgericht Frankfurt [830],
das zwischen dem Domainnamen und der dahinterstehenden IP-Adresse unterschieden
hat. Nach dieser Gerichtsentscheidung treffe der Vergleich mit Telefonnummern
und Postleitzahlen zwar für die IP-Nummern , nicht aber für die
Domain-Adresse zu, da dieses System nur zur leichteren Merkbarkeit und Identifikation
durch Menschen dient. Für den reinen Adressierungsvorgang der Computernetzwerktechnik
reichen IP-Adressen aus. Auch das OLG Hamm [831]
stellte jüngst fest, daß eine Domain-Adresse kein bloßes
Registrierungszeichen darstellt, sondern vielmehr eine Kennzeichnungsfunktion
hat und deshalb dem Schutz des § 12 BGB unterliegt. Auch die erste
Entscheidung des österreichischen Obersten Gerichtshofes, ein Beschluß,
daß einem einschlägigen Revisionsrekurs nicht Folge gegeben wird,
bestätigt, daß Domainnamen dem Kennzeichenrecht unterfallen.
Der erkennende Senat hält die in der literarischen Diskussion aufgezeigten
Argumente für eine Gleichbehandlung der Domain Namen zumindest mit
Unternehmenskennzeichen für zutreffend; ob diese auch unter dem namensrechtlichen
Schutz des § 43 ABGB stehen, mußte der Senat nicht entscheiden.
[832]
Es ist nicht zu vergessen, daß sich gerade an
dieser spezifischen Adresse, die offizielle Unternehmensdarstellung und
weitergehende Information befindet. Insofern ist sehr wohl von einer Identifizierungsfunktion
des Domainnamens bezüglich des dahinterstehenden Unternehmens und nicht
des Computerspeicherplatzes auszugehen. Der Betrachter der Seite kann erwarten,
daß sich unter der Adresse “www.bankaustria.com” das Internetangebot
des Unternehmens Bank Austria AG findet und nicht die Darstellung der Bank
Austria aus der Sichtweise eines Konkurrenzunternehmens. [833]
Der Betrachter der Seite kann aber auch überprüfen,
wer diesen Domain Namen bei der jeweiligen Registrierungsstelle eingereicht
hat und wer für die Verwaltung desselben zuständig ist. Zu diesem
Zweck wurde bei den meisten Domainregistrierungsstellen [834]
Datenbanken eingerichtet, die mit Hilfe eines Formulars aus dem WWW abgefragt
werden können.
Die gleiche Ausgangslage läßt sich bezüglich
Telegrammadressen finden. Diese Kurzanschriften können beim nächstgelegenen
Postamt beantragt werden und bestehen meist aus dem Firmennamen und dem
zuständigen Postamt. Dies entspricht dem Domainnamen inklusive der
richtigen gTLD. Das zuständige Postamt führt ein Register aller
beantragten Kurzanschriften (dies entspricht den Datenbanken bei den Domainregistrierstellen)
und stellt das Telegramm dann an die entsprechende Adresse zu. Diesen Telegrammadressen
hat der OGH [835]
den Schutz des § 9 UWG (Kennzeichenschutz) zugesprochen, wenn diese
Telegrammadresse ein Schlagwort ist und Verkehrsgeltung hat. [836]
Einige Kommentatoren meinen, daß Domainnamen
analog den Straßenadressen seien und da man auch keine gerichtlichen
Dispute über Straßenadressen führt, sollten solche über
Domainnamen auch unterbleiben. Dieser Analogieversuch schlägt aber
schon deshalb fehl, da sich niemand die Straßenadressen aussuchen
kann, während Domainnamen ausdrücklich vom Antragsteller verlangt
werden müssen.
Dr. Rastl, der Leiter des EDV-Zentrums der Uni Wien,
versuchte in einem persönlichen Gespräch mit dem Autor eine Analogie
zu KFZ Wunschkennzeichen herzustellen. Allerdings ist die Werbewirksamkeit
und vor allem der Informationsgehalt, der hinter einem Kfz-Kennzeichen steckt,
ein denkbar geringer. Wunschkennzeichen bieten auch nur 4 bis 5 Buchstaben
an, die Domainnamen ermöglichen aber meist die Eingabe des gesamten
Firmen- oder Produktnamens bis 24 Zeichen. Als weiteren Unterschied bieten
Wunschkennzeichen ja keine weitergehende Information an, wogegen auf Internet-Homepages
meist eine Unternehmensdarstellung und Produktpräsentation die Regel
ist. Sogar tatsächliche Vertragsabschlüsse werden ermöglicht,
ja sie sollen sogar gezielt erreicht werden.
Es scheint, daß Domainnamen mit keinem der zuvor
erwähnten Individualisierungsmöglichkeiten verglichen werden können
und Domainnamen eine rechtliche Natur sui generis innerhalb des Kennzeichenrechts
darstellen.
Kann an einem Domainnamen überhaupt “Eigentum”
erworben werden? Sind sie quasi dingliche Rechte? Sind sie lediglich vertragsrechtlich
bestehende Ansprüche gegen Provider und/oder sind sie gar, wie es neuerdings
von Providern vertreten wird, bloße Nutzungsrechte, die von den Providern
bzw. den Domain-Registrierstellen vergeben werden? Das Unternehmen Network
Solutions, das ja für die Verwaltung der wichtigsten Domainnamen zuständig
ist, tritt für das Eigentumsrecht nach dem Recht der Vereinigten Staaten
von Amerika in dieser Frage ein. [837]
Im österreichischen Recht hingegen kommt ein sachenrechtliches
Eigentumsrecht am Domainnamen grundsätzlich nicht in Betracht.
§ 354 ABGB bestimmt das "Eigentum im subjektiven
Sinn": Als ein Recht betrachtet, ist Eigentum das Befugnis, mit der Substanz
und den Nutzungen einer Sache nach Willkür zu schalten, und jeden andern
davon auszuschließen.
§ 285 ABGB regelt den Sachbegriff: Alles, was
von der Person unterschieden ist, und zum Gebrauche der Menschen dient,
wird im rechtlichen Sinne eine Sache genannt.
Unter den Sachbegriff fallen auch unkörperliche
Sachen: Diese sind entweder Rechte (Immaterialgüterrechte) oder Dienstleistungen.
[838] Aus
zahlreichen Einzelbestimmungen des Gesetzes ergibt sich jedoch, daß
die Regeln des ABGB über das Eigentumsrecht auf Rechte nicht voll anwendbar
sind. [839]
Das Recht zur Benutzung eines Domainnamens ist deshalb
kein Eigentumsrecht, da es im Gegensatz zu anderen Immaterialgüterrechten
nicht selbständig ist. Es leitet sich aus einer anderen Berechtigung
ab (Markenrecht oder Namensrecht), kann aber ohne Übertragung eben
dieses Rechtes nicht ausgeübt werden. Auch wenn die Firma XYZ ihre
Domainadresse XYZ an ein anderes Unternehmen verkauft, steht der Firma XYZ
weiterhin ihr Namensrecht und damit auch des Recht zur Verhinderung der
Verwendung der Domain zu. Das Recht zur Verwendung eines Domainnamens ist
die Fortwirkung der ursprünglichen Berechtigung zur Namensführung.
In Deutschland wurden bereits Entscheidungen gefällt,
in denen ein Zurückbehaltungsrecht an Domainnamen gewährt wurde.
Dabei manifestiert sich besonders deutlich die wirtschaftliche Bedeutung
der Domainnamen. Das LG Berlin meint: “Dem Access-Provider steht ein
Zurückbehaltungsrecht an den Domain-Namen zu, wenn der Content-Provider
mit Zahlungen im Verzug ist. Das folgt jedenfalls aus den AGB des Access-Providers.”
[840] Auch
das LG Hamburg fällt bereits eine Entscheidung zu diesem Thema und
meint: “Erklärt der Content-Provider unberechtigterweise die
Kündigung seines Vertrags mit dem Access-Provider, dann steht dem Access-Provider
ein Zurückbehaltungsrecht an den Domain-Namen zu.” [841]
Ob dies österreichische Gerichte ähnlich
sehen werden bleibt abzuwarten. Die einzige bis jetzt ergangene oberstgerichtliche
Entscheidung behandelt dieses Thema nicht.
Wer erwirbt die Berechtigung am Domain Namen?
Dies hängt laut InterNIC [842]
davon ab, wer im Vertrag über die Einrichtung des Domain Namens an
der Stelle 3a des Formulars steht. Dieser wird in der “WHOIS”-Datenbank
des InterNIC als “owner” der Domain eingetragen. Manifestiert
wird diese Stellung durch das Ergebnis einer Abfrage dieser Datenbank. Dies
ist mit Hilfe der Eingabe des fraglichen Domainnamens in einer einfachen
Maske auf der Homepage des InterNIC möglich. Wenn man zum Beispiel
die Domain “example.com” in die Maske eingibt, erhält man
folgendes Ergebnis:
Internet Assigned Numbers Authority (EXAMPLE-DOM)
c/o USC/ISI
Suite 1001
4676 Admiralty Way
Marina del Rey, CA 90292-6695
Domain Name: EXAMPLE.COM
Administrative Contact:
Reynolds, Joyce K. (JKR1) JKRey@ISI.EDU
(310) 822-1511
Technical Contact, Zone Contact:
Postel, Jon (JBP) POSTEL@ISI.EDU
(310) 822-1511
Record last updated on 14-Aug-95.
Record created on 14-Aug-95.
Die “Internet Assigned Numbers Authority”,
die an erster Stelle der Auskunft erscheint ist Inhaberin dieser Domain.
Die Angabe der weiteren Personen dient allein der erleichterten Kontaktaufnahme
von Seiten des InterNIC.
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