Der urheberrechtliche Schutz hängt vom Inhalt
der Information ab. Nicht jedes Angebot im World Wide Web ist per se urheberrechtlich
geschützt. Solange solch ein Angebot aus alltäglichen, ohne weiteres
zugänglichen Inhalten besteht, kommt ein urheberrechtlicher Schutz
nicht in Betracht. Es müssen vielmehr die Anforderungen des §
1 Abs 1 UrhG erfüllt sein, das WWW-Angebot muß also eine “eigentümliche
geistige Schöpfung” des Urhebers “auf den Gebieten der
Literatur, der Tonkunst, der bildenden Künste und der Filmkunst”
darstellen. Ein erzeugnis des menschlichen Geistes ist dann eine eigentümliche
geistige Schöpfung, wenn es das Ergebnis schöpferischer geistiger
Tätigkeit ist, das seine Eigenheiten, die es von anderen Werken unterscheidet,
aus der Persönlichkeit seines Schöpfers empfangen hat. [731]
Die Individualität des Werkes muß auf der Persönlichkeit
des Schöpfers beruhen. [732]
Bei der großen Vielfalt an Gestaltungsmöglichkeiten,
die das WWW und die Programmiersprache HTML heutzutage zur Verfügung
stellen, wird die Mehrzahl der heutigen von Menschen geschaffenen WWW-Seiten
diese Anforderung erfüllen. Auch ein Werkteil kann Urheberrechtsschutz
nach § 1 Abs 2 UrhG genießen, allerdings nur dann, wenn er als
solcher deie Schutzvoraussetzungen des Gesetzes erfüllt, also für
sich allein die notwendige Individualität als “eigentümliche
geistige Schöpfung” aufweist. [733]
Unter “Schöpfung” ist das wahrnehmbare
Ergebnis der Gestaltung eines bestimmten Vorstellungsinhaltes zu verstehen.
[734] Die
unmittelbare Wahrnehmbarkeit durch menschliche Sinne ist kein Kriterium
für urheberrechtlichen Rechtsschutz. [735]
Vielmehr reicht es aus, wenn das geschützte Werk durch ein Wiedergabegerät
wieder für menschliche Sinne wahrnehmbar gemacht werden kann, so daß
eine Vervielfältigung schon bei der Einspeicherung vorliegt. [736]
Der Schutz ist unabhängig von einer körperlichen Manifestation
des Werkes.
Die Anforderung der “Werkhöhe” im
Bereich der bildenden Kunst wird von der jüngeren Rechtsprechung nicht
mehr aufrechterhalten. [737]
Die Gruppen der Werksarten definiert das Gesetz den
§§ 2 (Literatur), 3 (Bildende Kunst), 4 (Filmkunst), 5 (Bearbeitungen)
und 6 (Sammelwerke). Sobald ein Werk aber in digitalisierter Form vorliegt,
ist kein Unterschied mehr zu anderen Werkarten erkennbar. Deshalb ist fraglich,
ob jedes Element als das, was es darstellt, geschützt sein soll. Denkbar
wäre auch, digitalisierte Werke dem Schutz der Computerprogramme nach
§ 2 Z 1 UrhG zu unterstellen, da auch diese Programme in digitaler
Form vorliegen. Auf die Zusammensetzung des Werkes stellt das UrhG aber
nicht ab. So werden beispielsweise Lichtbildwerke in § 3 geschützt,
unabhängig von der technischen Zusammensetzung des Bildabzugs bzw.
des Trägermaterials (Halogensilberkristalle, Metol, Alkali, Bromkali,
usw..) [738].
Vielmehr wird auf die Erscheinungsform abgestellt, dh unter welche Werkart
ein objektiver Rezipient das Werk einordnen würde. Da auch unerheblich
ist, ob das Werk durch die menschlichen Sinne unmittelbar oder nur mittelbar
unter Zuhilfenahme technischer Einrichtungen wahrgenommen werden kann [739],
ist eine Subsumtion digitalisierter Werke unter den Begriff “Computerprogramm”
eher zu verneinen.
In dem Fall des Vorliegens eines Werkes stehen dem
Urheber insbesondere die absoluten Verwertungsrechte der §§14ff.
UrhG zu, mit Hilfe derer er eine Vergütung für sein Werk erlangen
kann. Fraglich bleibt nach wie vor, unter welche der Verwertungsrechte des
III Abschnitts des UrhG der einzelne Abruf zu subsumieren ist. Wie zuvor
erläutert, schlägt Hoeren als Abgrenzungskriterium die Sicht des
objektivierten Anbieters vor. Als Beispiel nennt er die Homepage der Walt
Disney Corporation für Eurodisney. Diese soll vom Kunden primär
am Bildschirm gelesen werden, für Unterhaltung und Werbung
sorgen. Diese Homepage ist jedoch nicht primär darauf gerichtet, daß
sich der Betrachter die Werbeseiten dauerhaft auf seiner Festplatte abspeichert.
Sie ähnelt eher dem fernsehmäßigen Empfang von Unterhaltungs-
und Werbesendungen. Nach Hoeren kommt insofern eine Analogie zu den Vorschriften
für die öffentliche Wiedergabe von Werken zum Tragen.
[740]
Anders sieht Hoeren die WWW-Dienste, auf deren Seiten
ausdrücklich die Möglichkeit zum Download geboten wird.
So gibt es vor allem im wissenschaftlichen und öffentlichen Bereich
zahlreiche WWW-Seiten mit Aufsätzen und Expertisen, auf denen ausdrücklich
angeboten wird, das Dokument [741]
auf der eigenen Festplatte zu speichern. Ähnlich ist das Angebot von
Software Firmen zu sehen, die den Internetbenutzern oft die Möglichkeit
bieten, neueste Programme zu testen. Diese sind dann zwar meist nicht voll
funktionsfähig, zweifelsfrei werden diese Programme aber bewußt
auf die Festplatte gespeichert und dann installiert. Es gibt also Inhalte
am WWW, die nicht nur geladen sondern auch fix gespeichert werden sollen.
Diese sollen der Werkvermittlungsart der Vervielfältigung unterstellt
werden.
Entscheidend ist, welche Art der Benutzung der Inhalte
der Urheber für den Benutzer vorgesehen hat. Will er dem Besucher reine
Information zur Kenntnis bringen handelt es sich um eine öffentliche
Wiedergabe, will der Urheber den Besucher zum Download animieren, handelt
es sich, bei einem tatsächlichen Download, um eine Vervielfältigung.
Im Ergebnis kommt es nach Hoeren bei der urheberrechtlichen Beurteilung
darauf an, ob der einzelne Internetdienst eher als Informations- oder als
Transaktionsdienst zu sehen ist. [742]
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