Gerhard Laga [1]
Über die vorliegende Entscheidung 4 Ob 274/00 y bzw über die Entscheidung 4 Ob225/00t des gleichen Sachverhalts wurde Anfang März in einigen Medien unter Schlagzeilen wie Wer Link setzt, haftet für fremde Internetseite [2] berichtet. Tatsächlich scheint es sich um die erste Entscheidung des OGH zu handeln, bei der näher auf die rechtlichen Dimensionen von Hyperlinks eingegangen wurde.
Bei der Erstellung der oben erwähnten Medienberichte wurde aber offensichtlich der Sachverhalt nicht genau genug gelesen. Meines Erachtens entscheidendes Kriterium für die rechtliche Beurteilung ist der auf einer Webseite sichtbare Text, den der Hyperlink mit einer anderen Webseite verknüpft. Der OGH bezeichnet diesen Text als Titel und führt aus, dass von der Startseite der Domain austropersonal.com zwei Links mit den Titeln Freie Stellen bei austropersonal und Freie Stellen bei austropersonalkunden auf die Website mit der Domain jobmonitor.com führen.
Durch die Verknüpfung des sichtbaren Textes Freie Stellen bei austropersonal mit der anderen Domain jobmonitor.com macht sich der Verantwortliche der Website austropersonal.com die Inhalte von jobmonitor.com zu eigen, sodass er für deren juristische Korrektheit einzustehen hat. Insofern ist dem OGH im Ergebnis zuzustimmen.
Die rechtlichen Ausführungen des Höchstgerichts geben aber Anlaß zu Kritik, da die Formulierungen sehr allgemein gehalten sind und wegen mangelnder Differenzierung der technischen Sachverhalte zu weit gehen.
Wettbewerbswidrigkeit der Übername von Inseraten:
Der OGH hat sich bezüglich der Veröffentlichung von aus Inseraten entnommenen Informationen in anderen Medien bereits geäußert. In der Entscheidung 4 Ob23/00 m wird festgestellt, dass eine Ausbeutung auch deshalb ausscheidet, weil die Klägerin ihr Arbeitsergebnis selbst ohne Behinderung verwerten kann. Sie hat für ihren auf diese Leistungen getätigten Aufwand Entgelt erhalten. Dieses Entgelt bezieht sich auf den Preis für den Inserenten; in der vorliegenden Entscheidung wird dagegen auf den Kaufpreis der Zeitung abgestellt: Der regelmäßige Zugriff auf einzelne im Stellenmarkt des K***** veröffentlichte Anzeigen unter der Domain jobmonitor.com kann nämlich dazu führen, dass Nutzer dieser Domain als potentielle Nachfrager der Zeitung der Erstklägerin ausfallen und die Umsatzzahlen der Erstklägerin zurückgehen.
Offensichtlich zieht der OGH in der neueren Entscheidung andere Verkehrskreise nämlich die Endabnehmer der Zeitung - in Erwägung, obwohl für die Einschaltung der Inserate auch hier bereits bezahlt wurde. Warum er dies tut, bleibt offen.
Ebenso wird die Tatsache nicht berücksichtigt, dass die Klägerin selbst ihre Inserate auch in der eigenen Onlineausgabe gratis zur Verfügung stellt und somit die gedruckte Zeitung selbst konkurrenziert.
Da das Höchstgericht aber die Wettbewerbswidrigkeit des Angebots
annimmt, stellt sich für ihn die Frage nach der Haftung der Beklagten für
den Inhalt der Website mit der Domain "jobmonitor.com".
Übertragung der Verfügungsberechtigung an der Domain
Die Person des ursprünglich Beklagten - der Betreiber der Domain jobmonitor.com - übertrug nach Eingang der Klage die Verfügungsberechtigung an der Domain an eine britische Gesellschaft. Dass diese Übertragungsmöglichkeit der Domain-Verfügungsberechtigung ein Problem bei der Rechtsdurchsetzung sein kann, erkannte auch die österreichische Domainvergabestelle nic.at. Um die außergerichtliche Beilegung bestehender Differenzen zwischen dem Inhaber einer Domain und Dritten zu ermöglichen, führte die nic.at in ihren AGBs die Position des Warte-Status für Domains ein. [3] Nach Bescheinigung eines Anspruchs gegen den Inhaber einer Domain, ist die Übertragung der Domain an von den Streitteilen verschiedene Dritte für mindestens einen Monat oder die Zeitdauer eines gerichtsanhängigen Streites nicht mehr möglich. Die Beantragung des Warte-Status wäre auch im vorliegenden Fall zu raten gewesen.
Der OGH hatte erstmals über eine bestimmte, für ihn neue Internettechnik zu entscheiden.
Die Verallgemeinerung von technischen Gegebenheiten durch den OGH führte dazu, daß er sich bloß für die Zulässigkeit oder ein Verbot von Links entscheiden konnte.
Bevor das Höchstgericht nämlich zur rechtlichen Würdigung des Falles kommt, wird kurz erklärt, was unter Hyperlinks zu verstehen ist: Es handelt sich um Programmbefehle, die bei einer Aktivierung von einer Website zu einer anderen Website führen. Die dann folgenden Literaturverweise beginnt der OGH mit den Worten zur noch uneinheitlichen Terminologie ....und beendet die Verweise mit den Worten: im folgenden wird der Begriff Link ganz allgemein für alle Arten von Verknüpfungen verwendet. Problematisch an dieser Verallgemeinerung ist, daß die vom Höchstgericht angeführte Literatur sehr wohl die verschiedenen technischen Arten der Verknüpfungen unterscheidet und deshalb auch zu juristisch differenzierten Ergebnissen kommt.
So beruft sich der OGH öfter auf den zutreffenden Beitrag von Plass. Als Begründung für die Haftung des Hyperlink-Setzers austropersonal.com am Ende des vorletzten Absatz der Entscheidung wird die Textstelle von Plass vor den Fußnoten 96 und 97 zitiert. Plass beschäftigt sich in der zitierten Stelle allerdings mit der Haftung eines Inline-Links nach dem deutschen Teledienstegesetz, das in Österreich kein entsprechendes Pendant hat.
Ein Inline-Link unterscheidet sich von einem Hyperlink dadurch, dass ersterer ohne Wissen des Betrachters direkt Inhalte in eine Seite räumlich und sachlich einbindet, ein Hyperlink hingegen erst vom Besucher aktiviert werden muss und die linkende Seite verlassen wird.
Plass beschäftigen sich auch mit der Verwendung von Frames. Bei der Verwendung der Frametechnik bestimmt die Frameset-Seite, welche Webseiten der Benutzer in welcher Anordnung gleichzeitig zu Gesicht bekommt. Der Besucher sieht in seinem Browser nur die Internetadresse der Frameset-Seite. Die dargestellten Inhalte können aber auf jedem Webserver der Welt abgespeichert sein. Deren Internetadresse bleibt für den Besucher unsichtbar. Während Plass von der Haftung für Inhalte von fremden Servern in eigenen Framesets spricht, scheinen manche Textstellen [4] der Entscheidung ähnlich zu lauten, obwohl die Problematik von Frames bei dieser Entscheidung keine Rolle spielt.
Ein unberücksichtigtes Sachverhaltsmerkmal ist, dass der mE bedenkliche Hyperlink mit dem Text Frei Stellen bei austropersonal.com nur zu der Einstiegsseite von jobmonitor.com führte und nicht direkt zu den wettbewerbsrechtlich bedenklichen Inhalten. Das Höchstgericht legt als Haftungsgrundsatz fest: Wer seine Seite mit einer fremden Seite durch einen Link verknüpft, macht sich das Angebot auf der fremden Seite zu Eigen und hat dafür wettbewerbsrechtlich einzustehen. [5] Hier ist hinzuzufügen, dass wohl die meisten Ersteller von Inhalten im World Wide Web grundsätzlich zwischen den Begriffen Webseite und Website differenzieren: Eine Webseite ist ein im Internetbrowser sichtbares Dokument, währenddessen man unter Website alle Dokumente eines Webservers unter einer bestimmten Domain wie zB jobmonitor.com versteht.
Aus dieser Sichtweise ist die Schlussfolgerung des zweitletzten Absatzes unverständlich: Im vorliegenden Fall führen die beanstandeten Links von der Seite des Linksetzers zur Website eines auf demselben Markt für Personalvermittlung tätigen Anbieters; aus der Sicht des Nutzers entsteht damit jedenfalls der Eindruck, der Linksetzer erweitere sein eigenes Angebot durch Hinweis auf das Angebot Dritter. Der Linksetzer muss sich daher den Inhalt der fremden Seite als eigenen Inhalt zurechnen lassen.
Dies ist vor allem deshalb unverständlich, da unter Erstellern von Inhalten im World Wide Web die Auffassung herrscht, dass Hyperlinks auf die Eingangsseite einer Website willkommen sind. Die Veröffentlichung einer Website dient ja gerade dazu, möglichst viele Besucher für die eigenen Inhalte zu interessieren. Themenspezifische Inhalte haben es an sich, dass sie hauptsächlich Verweise auf ebenfalls themenspezifische Inhalte Dritter anbieten. Dass damit aus der Sicht des Nutzers jedenfalls der Eindruck entstehe, der Linksetzer erweitere durch diesen Hinweis sei eigenes Angebot, ist zweifelhaft. Wenn sich nach Anklicken eines Hyperlinks offensichtlich der grafische Stil und die Internetadresse der dargestellten Inhalte ändern, kommt ein Eingriff in das Wettbewerbsrecht nur in Betracht, wenn über die Verwertung der fremden Leistung hinaus besondere Umstände gegeben sind, welche die Unlauterkeit begründen. [6]
Im vorliegenden Fall sind auch besondere Umstände gegeben: Der Hyperlink mit dem Text Frei Stellen bei austropersonal.com führt zur Website jobmonitor.com und nicht zu eigenen Inhalten von austropersonal.com. Nur insofern macht sich der Verantwortliche der Website austropersonal.com die Inhalte von jobmonitor.com zu Eigen. Dem OGH ist also im Ergebnis zuzustimmen. Auf dieses Sachverhaltsmerkmal ist er aber ebenso wie die meisten berichtenden Medien nicht eingegangen.
Es bleibt zu hoffen, dass diese Entscheidung nicht als Leitentscheidung, sondern nur als erste Beleuchtung der Materie von Frames, Hyperlinks und Inline-Links [7] gesehen wird.