OGH, am 10. Februar 2004, Geschäftszahl 4Ob229/03k, Stichworte: autobelehnung.at, Domaingrabbing nur bei kennzeichenrechtlichen Schutz, generische Begriffe sind grundsätzlich nicht schutzfähig; Verkehrsgeltung von Firmenbestandteilen ohne Unterscheidungskraft, UWG §1 C2; UWG §9 C1;

Rechtssätze:

Domain-Grabbing kann nur geltend gemacht werden, wenn für das als Domain verwendete Zeichen kennzeichenrechtlicher Schutz besteht, nicht aber bei Verwendung beschreibender Gattungsbezeichnungen.

An den Nachweis der Verkehrsgeltung von Firmenbestandteilen ohne Unterscheidungskraft als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen sind strenge Anforderungen zu stellen. Zu verlangen ist, dass das Wort von einem beachtlichen Teil des Verkehrs als Kennzeichen eines bestimmten Unternehmens angesehen wird, sodass, wenn die Bezeichnung für ein anderes Unternehmen verwendet wird, sie dem bekannten Unternehmen zugeschrieben wird.

Der kennzeichenrechtliche Schutz von Firmenbezeichnungen und ihrer Bestandteile setzt Unterscheidungskraft und die Eignung voraus, im Geschäftsverkehr als Name zu wirken. Generische Begriffe erfüllen keine dieser Voraussetzungen. Sie sind daher - so sie nicht innerhalb beteiligter Verkehrskreise als namensmäßiger Hinweis auf den Unternehmensträger Verkehrsgeltung erlangt haben - nicht schutzfähig.

Volltext:

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden, durch die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß und Dr. Schenk und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*****, vertreten durch Mag. Manfred Pollitsch, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei Franz S*****, vertreten durch Hoffmann-Ostenhof Rechtsanwalts GmbH in Wien, wegen Unterlassung (Revisionsinteresse 36.263,74 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 19. August 2003, GZ 2 R 52/03m-28, womit das Urteil des Landesgerichts St. Pölten vom 28. Juli 2002, GZ 3 Cg 97/01k-24, in nichtöffentlicher Sitzung bestätigt wurde, den Beschluss gefasst:

Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben und dem Erstgericht wird die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen. Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Begründung:
Die Klägerin ist seit 10. 12. 1992 unter der Firma Autobelehnung Pfandleihgesellschaft mbH und seit 8. 4. 2000 unter der Firma APV Autobelehnung-, Pfandleih- und Versteigerungen GmbH im Firmenbuch eingetragen. Im November 2000 ließ sie sich die Domain "apv.co.at" registrieren. Die Bezeichnung "APV Autobelehnung-, Pfandleih- und Versteigerungen" ist mit Beginn der Schutzdauer 30. 4. 2002 auch als Marke für die Klägerin registriert.

Der Beklagte ließ sich am 17. 8. 2000 insgesamt mehr als 15 Domains, darunter auch "www.autobelehnung.at" und "www.pfandleihanstalt.at" eintragen.

Die Klägerin begehrt die Verurteilung des Beklagten zur Unterlassung der Verwendung der Buchstabenkombinationen "www.autobelehnung.at" und "www.pfandleihanstalt.at" im geschäftlichen Verkehr als Domain. (Das darüber hinausgehende Zahlungsbegehren ist bereits rechtskräftig abgewiesen.) Der Beklagte habe sich die angeführten Bezeichnungen, an denen die Klägerin Verkehrsgeltung besitze, in Behinderungsabsicht als Domain registrieren lassen. Sein Verhalten verstoße als "Domain-Grabbing" gegen § 1 UWG. Davon abgesehen verletze der Beklagte das Namensrecht der Klägerin.

Der Beklagte wendete ein, er habe die Domain deshalb eintragen lassen, weil er beabsichtigt habe, das Gewerbe des Pfandleihers auszuüben. Behinderungsabsicht im Zeitpunkt der Domain-Registrierung fehle. Er habe die Domains der Klägerin auch nicht zum Verkauf angeboten. Im Übrigen bestehe keine Verwechslungsgefahr. Die Begriffe seien rein beschreibend und damit nicht schutzfähig. Sie bezeichneten zwar die von der Klägerin angebotenen Dienstleistungen, stellten jedoch keine Assoziation zu ihrem Unternehmen her. Das Erstgericht gab dem Unterlassungsbegehren statt. Es stellte noch fest, die Klägerin verwende ihre Firma auch für die Niederlassungen in Wels, Klagenfurt und Graz und inseriere regelmäßig unter ihrer Firma zu Werbezwecken in Tageszeitungen. Der Begriff "Autobelehnung" werde sowohl von anderen Unternehmen als auch im Anzeigenteil von Zeitungen verwendet. Im Zeitpunkt der Registrierung der beiden Domains habe weder ein Zusammenhang mit dem Namen des Beklagten noch mit einer von ihm ausgeübten Tätigkeit bestanden. Der Beklagte habe über 15 Domains in gängigen Bereichen registrieren lassen, um durch ihren Verkauf an in diesen Branchen tätige Personen Gewinn zu erzielen. Er habe die für ihn registrierten Domains selbst nicht benutzt. Er übe das Gewerbe der Verleihung und Vermietung von Spiel- und Unterhaltungsautomaten und das Handelsgewerbe aus und sei zeitweise als gewerberechtlicher Geschäftsführer in Gastronomiebetrieben tätig. Er habe am 25. 1. 2002 die Berechtigung zur Ausübung des Pfandleihgewerbes erhalten, dieses Gewerbe jedoch mit dem Tag der Rechtskraft ruhend gemeldet. Die Klägerin sei - als sie im Jahr 2000 Teile ihrer Firma als Domain habe registrieren lassen wollen - auf die für den Beklagten registrierten Domains gestoßen und habe von ihm deren Übertragung verlangt. Bei diesen Gesprächen habe der Beklagte gemeint, man könne sich in Wien treffen, der Geschäftsführer der Klägerin solle 5.000 S zur Verbesserung des Gesprächsklimas mitbringen. Zu einer Einigung sei es nicht gekommen.

Ob die Klägerin Verkehrsgeltung für die hier strittigen Bezeichnungen erlangt hatte, wurde im Verfahren erster Instanz nicht geprüft. Rechtlich bejahte das Erstgericht einen Verstoß gegen § 1 UWG wegen Domain-Grabbings. Die Registrierung der strittigen Domains schließe die Klägerin von deren Benutzung aus. Motiv des Beklagten anlässlich der Registrierung sei es gewesen, ein Hindernis für den Marktzugang der Klägerin zu errichten und aus dessen Beseitigung Gewinn zu erzielen. Sein Verhalten sei sittenwidrig im Sinn des § 1 UWG. Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Von den Feststellungen des Erstgerichts ausgehend bejahte auch das Berufungsgericht einen Verstoß des Beklagten gegen § 1 UWG wegen Domain-Grabbings. Der Beklagte habe bei Registrierung der Domains in der Absicht gehandelt, den Zeicheninhaber zu behindern, um durch die Beseitigung dieser Behinderung Einnahmen zu erzielen.

Rechtssatz:
Die Revision des Beklagten ist zulässig, weil die Vorinstanzen die Schutzfähigkeit der hier als Domain verwendeten Begriffe unrichtig beurteilt haben. Sie ist im Sinn des darin enthaltenen Aufhebungsantrages auch berechtigt.

Die Vorinstanzen haben die vom Beklagten veranlasste Registrierung der beiden Domains als wettbewerbswidrige Behinderung der Klägerin durch Domain-Grabbing beurteilt. Domain-Grabbing wird von Lehre und Rechtsprechung unter die Fallgruppe des sittenwidrigen Behinderungswettbewerbs eingereiht und in den beiden Sachverhaltsvarianten der Domain-Vermarktung (jemand bewirkt, ohne selbst Mitbewerber des Kennzeicheninhabers zu sein, die Registrierung einer Domain ausschließlich deshalb, um vom Inhaber des Kennzeichens einen finanziellen Vorteil für die Übertragung der aus seinem Kennzeichen gebildeten Domain zu erlangen) und der Domain-Blockade (eine Domain wurde nur zum Schein oder überhaupt nicht benützt, sondern nur belegt, um derart ein Vertriebshindernis für einen Dritten zu errichten) behandelt (MR 2001, 245 - taeglich alles; 4 Ob 246/01g = ÖBl 2002, 280 - Graz 2003.at; 4 Ob 41/02m = ÖBl 2002, 276 - Graz 2003.com; RIS-Justiz RS0115379). Die Behinderungsabsicht muss im Zeitpunkt des Domainerwerbes vorliegen, wobei es in aller Regel genügt, dass der Kläger den Sachverhalt beweist, aus dem kein nachvollziehbares Eigeninteresse des Beklagten am Rechtserwerb der Domain erkennbar ist (MR 2001, 245 - täglich alles; RIS-Justiz RS0115378).

Diese Voraussetzungen sind nach Auffassung der Vorinstanzen angesichts des festgestellten Sachverhalts gegeben. Der Beklagte macht aber zutreffend geltend, die als Domain registrierten Begriffe "Autobelehnung" und "Pfandleihe" seien rein beschreibend. Nur bei Verkehrsgeltung hätte die Klägerin kennzeichenrechtlichen Schutz und damit auch einen Unterlassungsanspruch.

Dass es sich bei den Firmenbestandteilen "Autobelehnung" und "Pfandleihe" um Gattungsbezeichnungen handelt, die von den beteiligten Verkehrskreisen zwanglos als Hinweis auf die Art der Geschäftstätigkeit des betreffenden Unternehmens verstanden werden und denen damit die Unterscheidungskraft fehlt, ist nicht zweifelhaft. Der kennzeichenrechtliche Schutz von Firmenbezeichnungen und ihren Bestandteilen setzt jedoch Unterscheidungskraft und die Eignung voraus, im Geschäftsverkehr als Name zu wirken. Generische Begriffe wie die hier verwendeten erfüllen keine dieser Voraussetzungen. Sie sind daher - so sie nicht innerhalb beteiligter Verkehrskreise als namensmäßiger Hinweis auf den Unternehmensträger Verkehrsgeltung erlangt haben (ÖBl 2002, 82 - Immobilienring mwN) - nicht schutzfähig. Die Klägerin genießt also nur dann kennzeichenrechtlichen Schutz nach § 9 Abs 1 UWG für diese ihrer Firma entnommenen Begriffe, wenn sie damit Verkehrsgeltung erlangt hat. Ist dies nicht der Fall, hat die Klägerin keinen besseren Anspruch auf die Benutzung der Zeichen als der Beklagte. Sie hätte keinen Anspruch darauf, dass diese Zeichen ihr vorbehalten bleiben und könnte dem Beklagten eine Benutzung nicht untersagen.

Die Klägerin hat unter Hinweis auf ihre Tätigkeit in drei Bundesländern behauptet, die überwiegenden Verkehrskreise in Graz, Klagenfurt und Wels assoziierten die Begriffe "Autobelehnung" und "Pfandleihe" mit ihrem Unternehmen. Zum Beweis der Verkehrsgeltung hat sie die Einholung eines Gutachtens der Wirtschaftskammer Österreich beantragt. Der Beklagte hat die Verkehrsgeltung bestritten und auch noch im Rechtsmittelverfahren auf den mangels Verkehrsgeltung fehlenden kennzeichenrechtlichen Schutz der Klägerin hingewiesen.

Das Erstgericht hat von einem Verstoß nach § 1 UWG ausgehend eine Prüfung der Verkehrsgeltung durch ein demoskopisches Gutachten erkennbar für nicht erforderlich gehalten und alle noch unerledigt gebliebenen Beweisanträge abgewiesen. Das Berufungsgericht hat diese Entscheidung aus rechtlichen Erwägungen bestätigt. Das Verfahren ist daher in einem entscheidungswesentlichen Punkt unvollständig geblieben, sodass sich die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Zurückverweisung an das Erstgericht als erforderlich erweist. Das Erstgericht wird im fortzusetzenden Verfahren nach Einholung des beantragten demoskopischen Gutachtens festzustellen haben, ob die im Firmenwortlaut der Klägerin enthaltenen Begriffe "Autobelehnung" und "Pfandleihe" innerhalb beteiligter Verkehrskreise als eindeutiger Hinweis auf das Unternehmen der Klägerin bekannt sind. An den Nachweis der Verkehrsgeltung von Firmenbestandteilen ohne Unterscheidungskraft als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen sind strenge Anforderungen zu stellen. Zu verlangen ist, dass das Wort von einem beachtlichen Teil des Verkehrs als Kennzeichen eines bestimmten Unternehmens angesehen wird, sodass, wenn die Bezeichnung für ein anderes Unternehmen verwendet wird, sie dem bekannten Unternehmen zugeschrieben wird (ÖBl 2002, 81 - Immobilienring).

Der Revision wird daher Folge gegeben, die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben und dem Erstgericht wird die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung im dargelegten Sinn aufgetragen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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