OGH, am 12. Juni 2001, Geschäftszahl 4Ob139/01x, Stichworte: Rechtssätze
zu § 1 UWG C2, Domain-Grabbing, Cyber-Squatting, Wettbewerbsverhältnis
ad hoc, Beweislast (RS0115379,
RS0115380, RS0115378)
Rechtssatz
Domain-Grabbing wird in Lehre und Rechtsprechung unter die Fallgruppe
des sittenwidrigen Behinderungswettbewerbs eingereiht und in den beiden
Sachverhaltsvarianten der Domain-Vermarktung (jemand bewirkt, ohne
selbst Mitbewerber des Kennzeicheninhabers zu sein, die Registrierung einer
Domain ausschließlich deshalb, um vom Inhaber des Kennzeichens einen
finanziellen Vorteil für die Übertragung der aus seinem Kenzeichen
gebildeten Domain zu erlangen) und der Domain-Blockade (eine Domain
wird nur zum Schein oder überhaupt nicht benützt, sondern nur
belegt, um derart ein Vertriebshindernis für einen Dritten zu errichten)
behandelt.
Terminologisch werden die Begriffe "Domain-Grabbing" und "Cyber-Squatting" überwiegend als gleichbedeutend verwendet.
Rechtssatz
Ein Verstoß gegen § 1 UWG unter dem Aspekt des Domain-Grabbing
setzt voraus, dass der Verletzer bei Reservierung und Nutzung der Domain
in Behinderungsabsicht gehandelt hat. Das subjektive Tatbestandselement
der Vermarktungsabsicht oder Behinderungsabsicht muss bereits im Zeitpunkt
der Registrierung (oder des Rechtsübergangs im Fall einer Übertragung
der Domain) vorliegen; diese Absicht muss das überwiegende, wenn
auch nicht das einzige Motiv zum Rechtserwerb sein. Aus Anlass der Registrierung
fremder Kennzeichen als Domain mit Vermarktungsabsicht oder Behinderungsabsicht
wird ein Wettbewerbsverhältnis ad hoc begründet.
Rechtssatz
Da das Vorliegen des subjektiven Tatbestandselements beim Domain-Grabbing
wie jede im Inneren gebildete Willensrichtung für den Kläger im
Einzelfall oft nur schwer nachweisbar ist, der Vorsatz sich aber aus Indizien
ergeben kann, muss es genügen, dass der Kläger einen Sachverhalt
beweist (bescheinigt), aus dem kein nachvollziehbares Eigeninteresse des
Beklagten am Rechtserwerb an einer Domain erkennbar ist. Dies wird etwa
dann der Fall sein, wenn die gewählte Domain gleich lautend mit dem
Kennzeichen eines Dritten ist, hingegen mit dem eigenen Namen oder der eigenen
Tätigkeit des Beklagten in keinerlei Zusammenhang steht.