OGH, am 11. Dezember 2003, 6 Ob 218/03g, Stichworte: Diensteanbieter iSd § 3 Z 2 ECG, Haftung für Online-Archiv auf Unterlassung ehrenrühriger Behauptungen nach § 1330 ABGB, verschuldensunabhängige zivilrechtliche Unterlassungsansprüche sind von der Haftungsbefreiung nicht umfasst, Ohne Hinweis des Verletzten auf einen Eingriff in seine Rechte oder dessen Aufforderung zur Entfernung kann eine Prüfpflicht des Betreibers nicht gefordert werden

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Dkfm. Dr. Horst J*****, vertreten durch Rechtsanwälte Gheneff-Rami in Wien, gegen die Beklagten und Gegner der gefährdeten Partei 1. T***** GmbH & Co KG, und 2. T*****GmbH, ***** beide vertreten durch Giger, Ruggenthaler & Simon Rechtsanwälte KEG in Wien, wegen Unterlassung, über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 25. Juni 2003, GZ 1 R 88/03y-10, mit dem der Beschluss des Handelsgerichtes Wien auf Abweisung des Sicherungsantrages der klagenden Partei vom 25. März 2003, GZ 18 Cg 16/03x-6, in der Hauptsache bestätigt wurde, den Beschluss gefasst:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben. Die klagende Partei hat den beklagten Parteien die mit 1.101,07 EUR (darin enthalten 183,51 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung:

Der Kläger ist geschäftsführender Gesellschafter einer Gruppe von Unternehmen, die sich vor allem mit Liegenschaftsgeschäften befassen. Die Erstbeklagte ist im Bereich Werbegraphik-Design und Public Relations-Beratung tätig und betreibt unter anderem die Internetformate "k*****.at", "p*****.at", "t*****.at", "b*****.at", "r*****.at", "a*****.at", "g*****.at", "m*****.at", "e*****.at" und "k*****.at". Die Zweitbeklagte ist persönlich haftende Gesellschafterin der Erstbeklagten.

Die Erstbeklagte gibt dem Printmedium "t*****" die Möglichkeit eines Internetauftrittes. Sie übernimmt ohne jegliche inhaltliche Prüfung Artikel der aktuellen Printausgabe der Zeitschrift "t*****" und stellt diese unter der Internetdomain "www.t*****.at" ins Netz. Den übernommenen Artikeln stellt die Erstbeklagte eigenen Content bei. Sie verwendet die Website auch als Plattform für Online-Werbung Dritter. Die Rubrik "Impressum" enthält sowohl ein "Online-Impressum" als auch ein "Print-Impressum". Das "Online-Impressum weist die Erstbeklagte, das "Print-Impressum" die V***** Gesellschaft mbH als Medieninhaberin aus. Neben einem Aboservice bietet die Erstbeklagte unter der Internetdomain "www.t*****.at" auch einen kostenpflichtigen Zugriff auf sämtliche Artikel der Print-Ausgaben der Zeitschriften "t*****" und "p*****" seit Anfang 1994 an. Dieses Archiv umfasst 39.464 Artikel, wovon 10.313 Artikel aus der Zeitschrift "t*****" stammen. Eine Suchmaske ermöglicht es, dieses Archiv nach einzelnen Worten zu durchsuchen. Bei der Suche nach dem Nachnamen des Klägers öffnet sich zunächst eine Seite, in der vor Klagezustellung fünf Artikel der Zeitschrift "t*****" aus den Jahren 1994 bis 2002 angezeigt wurden. Die einzelnen Artikel werden durch Anführung des Erscheinungsdatums und der Nummer der Ausgabe der Zeitschrift, in der sie abgedruckt sind, sowie durch deren Überschrift ( teils auszugsweise) und Kurzauszüge gekennzeichnet. Auf dieser Seite war der Nachname des Klägers neunmal enthalten. Einer dieser Artikel war in der Print-Ausgabe der Zeitschrift "t*****" Nr. 12/99 veröffentlicht worden. Neben der Überschrift "Nichts geht mehr" fand sich auf dieser Seite noch folgender Text: "Die heimischen Unternehmer brachten im Jahr 1999 einen neuen Rekord zustande: Die Zahl der Konkurse stieg weiter an.... Horst J***** (Kläger), Eigentümer der H***** AG wurde ebenso wie der Advokat Wolfgang J***** und Walter S***** vor den Konkursrichter zitiert....". Bei jedem Artikel wird die Volltextabfrage mittels Mausklick ermöglicht. Die Volltextabfrage ist kostenpflichtig. Der im Archiv nach Zahlung der Gebühr abrufbare Volltext des Artikels der Zeitschrift "t*****" trägt die Überschrift "Nichts geht mehr" und lautet :

"Die heimischen Unternehmer brachten im Jahr 1999 einen neuen Rekord zustande: Die Zahl der Konkurse stieg weiter an. Die österreichische Insolvenzstatistik 1999 ist mit einer Reihe prominenter Namen bestückt: Horst J***** (Kläger), Eigentümer der H***** AG, wurde ebenso wie der Advokat Wolfgang J***** und Walter S***** vor den Konkursrichter zitiert. Sie und andere Pleitiers produzierten in diesem Jahr bis einschließlich Oktober geschätzte Passiva von 30,1 Milliarden Schilling. 70.000 Gläubiger konnten ihre Forderungen abschreiben. Ein neuer Rekord - und das bei einer durchaus sonnigen Konjunkturlage. Wenn heimische Unternehmer straucheln, dann tun sie es ordentlich.... Die top 20 (Jänner bis Oktober 1999) Die größten Konkurse '99 Unternehmen in Mio öS H***** AG, ***** 840...."

Die Behauptung, dass der Kläger "vor den Konkursrichter zitiert" worden sei, ist unrichtig. Der Kläger ist weder in ein Insolvenzverfahren verwickelt noch befindet er sich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Richtig ist allerdings, dass über das Vermögen der H***** AG, deren Mehrheitseigentümer der Kläger ist, das Konkursverfahren eröffnet wurde. Der Kläger gehörte keinem zur Vertretung dieser Gesellschaft befugten Organ an. Die Erstbeklagte erfuhr erst durch die vorliegende am 7. 2. 2003 eingebrachte Klage von der Unrichtigkeit der Behauptung und hat den betreffenden Artikel nach Klagezustellung unverzüglich aus dem Archiv entfernt.

Mit dieser Klage begehrte der Kläger, die Beklagten schuldig zu erkennen, es zu unterlassen, die wörtlichen und/oder sinngemäßen Behauptungen aufzustellen und/oder zu verbreiten, er sei "vor den Konkursrichter zitiert" worden. Weiters begehrte er die Verpflichtung der Beklagten zum Widerruf dieser Behauptung und zur Veröffentlichung des Widerrufs auf der Website www.t*****.at. Zugleich stellte er ein dem Unterlassungsbegehren entsprechendes Sicherungsbegehren. Die am 25. 10. 2001 gegründete Erstbeklagte sei Domaininhaberin und Medieninhaberin der genannten Website, bei der es sich um die Onlineausgabe der periodischen Druckschrift "t*****" handle. Deren Medieninhaberin sei die V*****. Diese sei nicht "Dritter" im Sinn der Zitatenjudikatur. Durch die zitierte Behauptung werde dem Konsumenten der Website www.t*****.at suggeriert, dass der Kläger selbst insolvent sei. Dieser Vorwurf sei kreditschädigend im Sinn des § 1330 Abs 2 ABGB. Die Behauptung verstoße auch gegen die §§ 16 und 43 ABGB, weil der Name und die Person des Klägers mit Tatsachen in Verbindung gebracht würden, mit denen er nichts zu tun habe. Sie sei bereits Gegenstand eines Zivilverfahrens gewesen, in dem der Kläger gegen den damaligen Medieninhaber der Zeitschrift "t*****" eine entsprechende Unterlassungs- und Widerrufsverpflichtung durchgesetzt habe.

Die Beklagten beantragten die Abweisung des Sicherungsantrages. Die Erstbeklagte sei nicht als Medieninhaberin im Sinne des Mediengesetzes zu qualifizieren. Sie sei Diensteanbieter nach § 3 Z 2 ECG. Sie gebe lediglich dem Printmedium "t*****", dessen Medieninhaberin nunmehr die V***** Gesellschaft mbH sei, die Möglichkeit eines aktuellen Internetauftritts. Sie biete weiters mittels des Archivs auch den Zugriff auf sämtliche Artikel vergangener Ausgaben der Zeitschrift. Die Artikel stammten nicht von der Erstbeklagten. Die 2001 gegründete Erstbeklagte habe die Datenbank des Archivs erst zum 1. 1. 2002 von der früheren Betreiberin des Archivs übernommen. Sie habe an der Funktionalität des Archivs und am Inhalt der archivierten Daten keine Veränderungen vorgenommen. Das Studium und die Überprüfung des Inhalts des Archivs auf die inhaltliche Richtigkeit der darin archivierten Beiträge sei der Erstbeklagten de facto unmöglich, jedenfalls aber unzumutbar. Die laufend ins Archiv gestellten aktuellen Artikel würden von der Austria Presseagentur aufgrund einer Vereinbarung mit dem jeweiligen Medieninhaber des Printmediums technisch aufbereitet. Diese Daten würden dann durch einen Mitarbeiter der Erstbeklagten einmal wöchentlich ("p*****") oder monatlich ("t*****") in die Datenbank des Archivs verschoben. Dieser Mitarbeiter prüfe lediglich, ob sich bei den Artikeln Tabellen befänden, die einer speziellen Formatierung bedürften. Inhaltlich erfolge keine Auseinandersetzung mit den Artikeln. Obwohl die Beklagten vom Kläger nicht aufgefordert worden seien, die strittigen Veröffentlichungen aus dem Netz zu nehmen, sei dies von der Erstbeklagten nach Klagezustellung veranlasst worden. Die Textpassagen könnten daher von den Nutzern nicht mehr abgerufen werden und würden auch in Zukunft nicht mehr ins Netz gestellt, sodass keine Wiederholungsgefahr bestehe. Das Archiv erfülle die Funktion einer elektronisch betriebenen Bibliothek. Auch Bibliothekare seien grundsätzlich nicht verpflichtet, von sich aus die von ihnen verwalteten Druckschriften auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Vielmehr bedürfe es hiezu eines Anstoßes durch Abmahnung des Betroffenen. Die Erstbeklagte sei mit einem Buchhändler oder Bibliothekar vergleichbar, den grundsätzlich keine Prüfungspflicht treffe. Eine Haftung der Beklagten scheide auch nach § 16 ECG aus. Bei dem strittigen Text handle es sich um fremde Inhalte. Die Erstbeklagte sei insoweit lediglich ein Host-Provider, der Speicherplätze für fremde Inhalte zur Verfügung stelle. Dabei handle es sich um objektive Zitate aus der Zeitschrift "t*****", also des seinerzeitigen Medieninhabers, sodass sich die Beklagten auch auf die sogenannte "Zitatenjudikatur" berufen könnten. Dem Suchergebnis bei der Suche nach dem Nachnamen des Klägers könne entnommen werden, dass bereits eine Gegendarstellung zum strittigen Artikel und in weiterer Folge auch ein Widerruf veröffentlicht worden sei. Es sei daher auszuschließen, dass die Archivbenutzer die strittigen Textstellen dahin verstehen könnten, dass der Kläger tatsächlich in Konkurs gewesen sei. Überdies sei die isolierte Behauptung, jemand sei vor den Konkursrichter zitiert worden, in keiner Weise kreditschädigend. Zudem hätte es einer Gefahrenbescheinigung bedurft, weil vier Jahre zurückliegende Ereignisse im heutigen Wirtschaftsleben niemanden mehr interessierten.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Da die Erstbeklagte keinen Einfluss auf die inhaltliche Gestaltung der von ihr im Archiv gespeicherten Artikel habe, sei sie nicht als Medieninhaber anzusehen und daher für deren Inhalt nach dem Mediengesetz nicht verantwortlich. Für eine Verantwortung der Beklagten als technischer Verbreiter fehle es an der Rechtswidrigkeit der Eingriffshandlung. Die Erstbeklagte sei Diensteanbieter im Sinn des § 3 Z 2 ECG. Da sie erst durch die eingebrachte Klage Kenntnis von der rechtswidrigen Information erlangt und diese dann unverzüglich aus dem Archiv entfernt habe, sei sie gemäß § 16 ECG für die unrichtige Information nicht verantwortlich. Mangels Rechtswidrigkeit bestehe kein Unterlassungsanspruch.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss in der Hauptsache (vgl MR 2003, 306). Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es billigte die Ansicht des Erstgerichtes, dass die Erstbeklagte Host-Provider im Sinn des § 16 ECG sei. Die vom Provider zugänglich gemachten Chat-Foren seien ihr gegenüber ein fremder und kein eigener Inhalt. Weder § 16 noch § 19 ECG schafften einen eigenständigen Unterlassungsanspruch des vom zugänglich gemachten Inhalt Betroffenen. Diensteanbieter nach den §§ 13 ff ECG würden, wenn überhaupt, nur als Gehilfen haften. Für einen Gehilfen bestehe nur dann eine Unterlassungsverantwortlichkeit, wenn er den unmittelbaren Täter bewusst gefördert habe. Eine bewusste Förderung liege vor, wenn eine Rechtsverletzung trotz Kenntnis und technischer Möglichkeit nicht unverzüglich unterbunden werde. Da § 19 ECG keine Anspruchsgrundlage für Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche darstelle, müssten die nach österreichischem Recht notwendigen Voraussetzungen für eine Verantwortlichkeit des Gehilfen für eine Unterlassung erfüllt werden. Daraus folge, dass die Erstbeklagte auch nicht als technischer Verbreiter für den strittigen Artikel haftbar sei, weil sie ihn nach Kenntnis seiner Unrichtigkeit unverzüglich aus dem Archiv entfernt habe. Der Oberste Gerichtshof habe bereits klargestellt, dass einen Buchhändler grundsätzlich keine Prüfungspflicht in Ansehung der von ihm vertriebenen Bücher treffe. Dies gelte auch für das von der Erstbeklagten elektronisch betriebene Archiv. Die eingeschränkte Haftung von Bibliothekaren als bloß technische Verbreiter werde auch im deutschen Schrifttum gebilligt. Der Unterlassungsanspruch des Klägers bestehe daher schon mangels Rechtswidrigkeit der begangenen Eingriffshandlung und unabhängig davon, ob durch die Entfernung des Artikels aus dem Archiv die für einen Unterlassungsanspruch essentielle Wiederholungsgefahr weggefallen sei, nicht zu Recht. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil der Oberste Gerichtshof zur Reichweite des Haftungsprivilegs des § 16 ECG noch nicht Stellung genommen habe.

In seinem dagegen erhobenenen Revisionsrekurs beantragte der Kläger primär die Abänderung der Beschlüsse der Vorinstanzen im Sinne einer Erlassung der einstweiligen Verfügung, deren Text zunächst nicht den im vorliegenden Verfahren gestellten Unterlassungs- und Sicherungsbegehren entsprach, sondern den in einem zwischen denselben Parteien parallel geführten Ehrenbeleidigungsverfahren (wegen anderer Behauptungen) erhobenen Begehren (18 Cg 17/03v des Erstgerichtes). Nach Ablauf der Rechtsmittelfrist und erst nach Einlangen der Revisionsrekursbeantwortung berichtigte der Kläger den Rechtsmittelantrag dahin, dass der Text des Sicherungsantrages, der in Abänderung der angefochtenen Beschlüsse erlassen werden solle, nunmehr dem in diesem Verfahren tatsächlich gestellten Sicherungsantrag entspricht.

Die Beklagten erklärten in ihrer hiezu erstatteten Stellungnahme, dass der Berichtigungsschriftsatz unbeachtlich sei, weil jeder Partei nur eine einzige Rechtsmittelschrift zustehe.

Dem ist entgegenzuhalten, dass der Kläger keinen weiteren Revisionsrekurs eingebracht und auch keine unzulässige Ergänzung oder Änderung seines Rechtsmittelschriftsatzes vorgenommen hat. Seit der Zivilverfahrensnovelle 1983 können gemäß § 84 ZPO auch Inhaltsmängel von Schriftsätzen verbessert werden. Das materielle Recht soll nicht wegen prozessualer Form- und Inhaltsvorschriften verlorengehen (vgl 1 Ob 73/03x = JBl 2003, 653). Zwar darf das Vorbringen nicht so geändert werden, dass dadurch in die bereits eingetretene Rechtskraft einer Entscheidung eingegriffen würde (§ 84 Abs 3 ZPO). Dies ist hier aber nicht der Fall, weil (hilfsweise) auch ein Aufhebungsantrag gestellt wurde und der Revisionsrekurs insgesamt erkennen lässt, dass der verfehlte Abänderungsantrag nur aus einer Verwechslung der beiden zwischen den Parteien geführten Verfahren resultieren kann und der Kläger in diesem Verfahren tatsächlich nur die Stattgebung des Sicherungsbegehrens, wie es dem hier gestellten Unterlassungsbegehren entspricht, anstrebt. Nicht anders haben offensichtlich auch die Beklagten den Revisionsrekurs aufgefasst, sind sie doch in ihrer Revisionsrekursbeantwortung auf die Ausführungen im Revisionsrekurs inhaltlich eingegangen, ohne die Diskrepanz des Abänderungsantrages mit den bisherigen Begehren und der in diesem Verfahren strittigen Äußerung in irgendeiner Weise aufzuzeigen. Da dem Kläger entgegen der Bestimmungen der § § 84, 85 ZPO von den Vorinstanzen keine Verbesserungsmöglichkeit eingeräumt und daher auch keine Verbesserungsfrist gesetzt wurde, war die Berichtigung unbefristet möglich. Somit ist bei der Entscheidung über den Revisionsrekurs von dessen berichtigten Abänderungsantrag auszugehen.

Der Revisionsrekurs ist wegen Fehlens einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zum Anspruch des Verletzten auf Unterlassung ehrenrühriger Behauptungen nach § 1330 ABGB, die in einer elektronisch archivierten Onlineausgabe einer Zeitschrift enthalten sind, zulässig. Er ist aber nicht berechtigt.

Rechtssatz

Gemäß § 3 Z 2 ECG ist Diensteanbieter im Sinn dieses Gesetzes eine natürliche oder juristische Person oder eine sonstige rechtsfähige Einrichtung, die einen Dienst der Informationsgesellschaft bereitstellt. Gemäß § 3 Z 1 ECG bedeutet der Begriff des Dienstes der Informationsgesellschaft einen in der Regel gegen Entgelt elektronisch im Fernabsatz auf individuellen Abruf des Empfängers bereitgestellten Dienst (§ 1 Abs 1 Z 2 Notifikationsgesetz 1999), insbesondere den Online-Vertrieb von Waren und Dienstleistungen, Online-Informationsangebote, die Online-Werbung, elektronische Suchmaschinen und Datenabfragemöglichkeiten sowie Dienste, die Informationen über ein elektronisches Netz übermitteln, die den Zugang zu einem solchen vermitteln oder die Informationen eines Nutzers speichern. Diensteanbieter ist also jeder Unternehmer, der online tätig ist, wie insbesondere auch der Unternehmer, der über eine Web-Site verfügt, Online-Werbung betreibt und Online-Informationsangebote bereit stellt. Der Begriff umfasst auch die vermittelnden Diensteanbieter (Internet-Service-Provider), wobei das Gesetz in der Folge zwischen dem sogenannten Access-Provider (§ 13 ECG) und den Host-Service-Provider (§ 16 ECG) unterscheidet. Der Access-Provider ermöglicht den Zugang zum Internet, der Host-Service-Provider speichert fremde Informationen; er stellt Speicherplätze für das Internet zur Verfügung, auf denen Homepages (Websites) eingelagert werden können (Brenn [Hrsg], ECG 173 f). Die Verantwortlichkeit dieser Vermittler wird durch die Regelungen der §§ 13 bis 19 ECG eingeschränkt. Gemäß § 16 ECG ist ein Diensteanbieter, der von einem Nutzer eingegebene Informationen speichert, für die im Auftrag eines Nutzers gespeicherten Informationen nicht verantwortlich, sofern er 1. von einer rechtswidrigen Tätigkeit oder Information keine tatsächliche Kenntnis hat und sich in Bezug auf Schadenersatzansprüche auch keiner Tatsachen oder Umstände bewusst ist, aus denen eine rechtswidrige Tätigkeit oder Information offensichtlich wird, oder, 2. sobald er diese Kenntnis oder dieses Bewusstsein erhalten hat, unverzüglich tätig wird, um die Information zu entfernen oder den Zugang zu ihr zu sperren (Abs 1). Abs 1 ist nicht anzuwenden, wenn der Nutzer dem Diensteanbieter untersteht oder von ihm beaufsichtigt wird (Abs 2). Dieser unter bestimmten Voraussetzungen vorgesehene Ausschluss der Verantwortlichkeit betrifft sowohl das Schadenersatz- als auch das Strafrecht. Die Bestimmungen der §§ 13 bis 19 ECG lassen jedoch wie die Art 12 bis 14 der EC-Richtlinie (Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. 6. 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt), die im ECG umgesetzt wurde, die Möglichkeit unberührt, dass ein Gericht (oder eine Verwaltungsbehörde) auf der Grundlage eines entsprechenden Begehrens einem Online-Anbieter einen Unterlassungsbefehl wegen einer rechtswidrigen Tätigkeit oder Information erteilt oder dass er mittels einstweiliger Verfügung oder eines Urteiles zur Entfernung rechtswidriger Informationen oder zur Sperre des Zugangs zu diesen Informationen verhalten wird (RV 817 BlgNR 21. GP, 33, 39). § 19 Abs 1 ECG bestimmt demgemäß, dass die §§ 13 bis 18 gesetzliche Vorschriften, nach denen ein Gericht oder eine Behörde dem Diensteanbieter die Unterlassung, Beseitigung oder Verhinderung einer Rechtsverletzung auftragen kann, unberührt lassen. Die Haftungsbeschränkungen der §§ 13 ff ECG berühren nicht die Frage der Rechtswidrigkeit der Tätigkeit des Providers. Diese bestimmt sich ausschließlich nach den jeweiligen materiellrechtlichen Bestimmungen (nach ABGB, UrhG, UWG). Demnach sind verschuldensunabhängige zivilrechtliche Unterlassungsansprüche von der Haftungsbefreiung dieser Bestimmungen nicht umfasst (Zankl, ECG § 19 Rz 296; Burgstaller/Minichmayr, ECG 142; Brenn aaO 284, 307; aA Schanda, ecolex 2001, 920 [921 ff]). § 19 ECG schafft ebensowenig wie die §§ 13 und 16 ECG einen eigenständigen Unterlassungsanspruch (Burgstaller/Minichmayr aaO 143). Die dort beschriebene Befugnis von Gerichten oder Behörden setzt vielmehr ihre Berechtigung voraus, einem Anbieter aufgrund einer gesetzlichen Vorschrift unter den dort erwähnten Voraussetzungen die Unterlassung, Beseitigung oder Verhinderung der Rechtsverletzung aufzutragen (RV 817 BlgNR 21. GP, 39).

Schon deshalb, weil der Ausschluss der Verantwortlichkeit des Providers, der fremde Inhalte speichert (Hosting), noch nicht besagt, dass auch keine verschuldensunabhängige Unterlassungsverpflichtung nach § 1330 ABGB besteht, ist die Frage, ob der hier zu sichernde Unterlassungsanspruch berechtigt ist, nicht anhand der Bestimmungen des ECG zu lösen. Abgesehen davon bietet der von den Vorinstanzen als bescheinigt angenommene Sachverhalt im Gegensatz zu deren Rechtsansicht keine Anhaltspunkte, dass die Erstbeklagte eine Tätigkeit ausübt, die ihre Verantwortlichkeit im Sinn der §§ 13 ff ECG einschränkt. Sie ist weder ein Diensteanbieter, der bloß von einem Nutzer eingegebene Informationen "durchleitet" oder "zwischenspeichert" (§ 13 ECG; vgl auch § 15 ECG) noch ein Diensteanbieter, der (selbst) im Auftrag eines Nutzers die von einem Nutzer eingegebenen Informationen speichert. Als Host-Provider gilt zwar nicht nur der Inhaber der Rechte am Server, auf dem die Inhalte gespeichert werden, sondern auch jeder Diensteanbieter, der mit dem Serverberechtigten in Vertragsbeziehung steht und seinerseits Nutzern die Möglichkeit zur Abspeicherung bietet wie zB der Betreiber eines Online-Forums, einer Online-Aktions-Plattform oder eines Leserforums (Brenn aaO 281 f). Die Erstbeklagte stellt aber selbst Inhalte "ins Netz", auf sie trifft daher der Begriff des sogenannten "Content-Providers" zu: Diese Unternehmen und Organisationen stellen im Internet für andere bestimmte Inhalte zur Verfügung und sind häufig "Ableger" bereits etablierter (konventioneller) Print- oder TV-Medien (Noll in Berka/Höhne/Noll/Polley, Mediengesetz Praxiskommentar § 1 Rz 50; Tonninger, Rechtsverletzung im Internet - Providerhaftung?, ecolex 1999, 251 [252]; Brenn, Haftet ein Internet-Service-Provider für die von ihm verbreiteten Informationen?, ecolex 1999, 249 [250]; Swoboda, Das Recht der Presse², 11; Ciresa, Rechtsberatung Internet, Handbuch zum Multimediarecht, Register 3, Kap. 1/S. 2). Dem steht der Umstand, dass der "Content" auch oder überwiegend ohne jegliche inhaltliche Prüfung übernommene Artikel der aktuellen Printausgaben der von der Erstbeklagten online betreuten Zeitschriften umfasst, nicht entgegen. Die Haftung derartiger Diensteanbieter ist im ECG überhaupt nicht näher, insbesondere nicht im Sinn einer Einschränkung geregelt. Der Provider, der selbst Inhalte zur Verfügung stellt, kann keine Haftungsprivilegien in Anspruch nehmen (Ciresa aaO, Kap. 3/1/S. 5).

Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist daher nach der allgemeinen Bestimmung des § 1330 ABGB und den hiezu entwickelten Rechtsgrundsätzen zu beurteilen, wobei auf die besonderen Gegebenheiten des elektronischen Datenverkehrs, dessen Entwicklungen weder in den privatrechtlichen Regelungen des Ehrenschutzes noch im Mediengesetz einen Niederschlag gefunden haben, Bedacht zu nehmen ist.

Nach ständiger Rechtsprechung und herrschender Lehre bedeutet das "Verbreiten" einer Tatsache nach § 1330 Abs 2 ABGB das Mitteilen dieser Tatsache, und zwar sowohl das Äußern eigener Überzeugung als auch das Weitergeben der Behauptung eines Dritten, ohne sich mit dessen Äußerung zu identifizieren. Im Hinblick auf den Schutzzweck des § 1330 Abs 2 ABGB ist allein auf die Störung abzustellen, an der jemand beteiligt ist. Eine individuelle geistige Beziehung des Verbreiters zum wiedergegebenen Gedankeninhalt ("intellektueller Verbreiter") ist nicht erforderlich. Schon der "technische Verbreiter" - etwa durch Zeitung, Rundfunk oder Fernsehen - wird grundsätzlich vom § 1330 ABGB erfasst. Nach § 1330 Abs 2 ABGB haftet demnach, wer verursacht, dass die Tatsache einem größeren Kreis von Personen bekannt wird (SZ 72/144 mwN). Der Medieninhaber eines periodischen Druckwerks (SZ 68/136) oder der Verleger eines Buches (4 Ob 59/93 = MR 1993, 144 [Neumayer]) wurden als intellektuelle Verbreiter, die an der Herstellung oder am Vertrieb einer Druckschrift Beteiligten als technische Verbreiter angesehen. Unter den Begriff des Verbreiters fallen daher auch der Buchhändler und der Bibliothekar (SZ 72/144; Steffen in BGB-RGRK12 § 824 BGB Rz 25). Allerdings hat der Oberste Gerichtshof dem Buchhändler einen sich aus der anzustellenden umfassenden Interessenabwägung - Schutz der Persönlichkeitsrechte einerseits, Interessen des Handelnden und der Allgemeinheit andererseits - ergebenden Rechtfertigungsgrund zuerkannt (SZ 72/144; 3 Ob 215/02t). Der Buchhändler stelle einen mit einem Medium, wenn es nur Diskussions- und Meinungsforum sei, vergleichbaren "Markt" der verschiedensten, hier in Berichten veröffentlichten Meinungen Dritter dar. Der Buchhändler sei als Unternehmer bestrebt, eine breite Angebotspalette an Büchern auf dem Markt den Kaufinteressenten anzubieten. Die Öffentlichkeit wisse auch, dass es dem Buchhändler regelmäßig verwehrt sei, auf den Inhalt des Buches Einfluss zu nehmen und dass es ihm auch nicht darauf ankomme, die in einem bestimmten Buch vertretenen Ansichten zu seiner eigenen Sicht der Dinge zu machen. Seine Aufgabe sei vielmehr in der Regel nur der Vertrieb der Bücher und damit Meinungen Dritter an das interessierte Publikum, somit eine rein technisch-kaufmännische Angelegenheit. Um die im Interesse der Öffentlichkeit liegende Tätigkeit des Buchhändlers nicht über Gebühr zu erschweren und den Buchhändler auch nicht in einer unzumutbaren Weise mit einer Zensur der von ihm vertriebenen Bücher zu überfordern, obliege ihm grundsätzlich keine Prüfpflicht in Ansehung der von ihm verbreiteten Bücher. Diese Erwägungen haben ebenso für einen Bibliothekar Gültigkeit, für den gleichfalls gilt, dass er der Öffentlichkeit einen "Meinungsmarkt" zu Verfügung stellt.

Der Kläger meint, die Erstbeklagte sei Medieninhaber im Sinn des § 1 Abs 1 Z 8 MedienG. Für diesen ist begriffswesentlich, dass er an der inhaltlichen Gestaltung des Mediums teilhat oder teilhaben kann. Die bloße Veranlassung oder Besorgung der Verbreitung genügt nicht (13 Os 91, 92/96 = MR 1996, 231; Zöchbauer, Der Begriff des "objektiven Tatbestandes" im Mediengesetz, MR 2000, 283 [286] mwN). Der Kläger sieht somit die Erstbeklagte als "intellektuellen Verbreiter" der strittigen Äußerung an. Nach herrschender Ansicht stellt zwar eine Website ein "Medium" dar (Wiedenbauer, Online-Magazine und medienrechtliche Ordnungsvorschriften, MR 2001, 73 [75]; Ciresa aaO Register 5 Kap. 2/S. 2). Online-Magazine sind daher "Medien" im Sinn des Mediengesetzes. In einer Homepage oder deren Unterverzeichnis aufscheinende ehrenrührige Äußerungen werden zweifelsohne "verbreitet" im Sinn des § 1330 Abs 2 ABGB (6 Ob 307/00s = MR 2001, 161), genügt hiezu doch schon die Mitteilung an bloß eine vom Verletzten verschiedene Person (SZ 50/86 ua). Nichts anderes kann für Online-Archive gelten. Auf die Anzahl der Nutzer, die die Seite abrufen, kommt es nicht an. Es ist auch der Tatbestand des "Verbreitens" im Sinn des § 1 Abs 1 Z 1 MedienG gegeben, der auf die bloße Möglichkeit abstellt, dass ein größerer Personenkreis den Inhalt zur Kenntnis nimmt. Im Übrigen kann es nicht zweifelhaft sein, dass sich Online-Zeitungen, aber auch Online-Archive typischerweise an einen größeren Personenkreis richten, wenn auch (kostenpflichtige) Archivseiten regelmäßig weniger Besucher aufweisen werden als aktuelle Online-Berichte (vgl Ciresa aaO Register 5 Kap 2/S. 2). Ob die Erstbeklagte als intellektuelle Verbreiterin infolge Identifizierung mit dem verbreiteten Inhalt oder zumindest aufgrund der Möglichkeit der inhaltlichen Kontrolle oder bloß technische Verbreiterin der Zeitschrift "t*****" im Internet anzusehen ist, kann hier aber aufgrund der besonderen Umstände dieses Falles dahingestellt bleiben:

Zunächst ist klarzustellen, dass ein Artikel selbst nach der bloßen "Verschiebung" aus einem online veröffentlichten Printmedium in das "Archiv" einer Website verbreitet und veröffentlicht im Sinn des § 1 MedienG und des § 1330 ABGB bleibt, auch wenn sich dadurch die Aufmachung und die Zugriffsmodalitäten für die Besucher der Website etwas ändern und der Abruf kostenpflichtig wird. Darauf, wieviele Personen tatsächlich auf das Archiv Zugriff nehmen, kommt es nicht entscheidend an. Es ändert sich auch die rechtliche Qualifikation des Diensteanbieters nicht allein dadurch, dass ein bestimmter Zeitungsartikel zunächst einige Zeit hindurch (bei der Zeitschrift "p*****" eine Woche, bei der Zeitschrift "t*****" einen Monat) auf einer bestimmten Seite der Online-Ausgabe aufscheint und danach im "Archiv" abgelegt wird. Kam dem Diensteanbieter schon bei der Einspeicherung des Artikels im Netz die Stellung eines Medieninhabers (intellektuellen Verbreiters) zu, behält er diese auch weiterhin bei. Er ist in diesem Fall mit einem Buchhändler oder Bibliothekar vergleichbar, der sein eigenes Buch verkauft oder archiviert und daher nicht als bloß als technischer Verbreiter angesehen werden kann. Der Umstand, dass die einzelnen Artikel oder Beiträge "automatisch" - das heißt ohne jede (weitere) inhaltliche Auseinandersetzung in der Folge vom selben Diensteanbieter selbst auf einen anderen Speicherplatz übertragen werden, kann ihn nicht von seiner Verantwortung für den Inhalt entheben.

Der vorliegende Fall ist jedoch dadurch gekennzeichnet, dass die Erstbeklagte den strittigen Artikel weder für die Online-Ausgabe der Zeitschrift aufbereitet noch auf der Website veröffentlicht oder ins Archiv gestellt hat. Die Parteien haben insoweit übereinstimmend vorgebracht, dass die Erstbeklagte erst Ende 2001 gegründet wurde und dass sie das Archiv erst seit 1. 1. 2002 anstelle jener Gesellschaft, die bis dahin die Online-Ausgabe herstellte und das Archiv anlegte, betreut. Die Rechtsposition der Erstbeklagten ist daher mit einem Buchhändler oder Bibliothekar vergleichbar, der einen Altbestand an Büchern erwirbt und die bereits vorhandenen Bücher (ungeprüft) weiterhin zum Kauf oder zur Einsicht und zur Entlehnung anbietet, also bildlich gesprochen die vorhandenen Bücher "in den Regalen" belässt. Ihr Beitrag zur Verbreitung des strittigen Artikels bestand daher lediglich im Unterlassen seiner (sofortigen) Entfernung aus dem Archiv; sie hat in keiner Weise durch aktives Tun zur Verbreitung beigetragen.

Das Online-Archiv dokumentiert im Unterschied zu Online-Zeitungen und Informationsportalen mit aktuellen Meldungen offensichtlich Vergangenes, wie sich aus der Kennzeichnung der Beiträge mit dem Veröffentlichungsdatum ergibt. Der Äußerungsgehalt eines aus dem Online-Archiv abrufbaren Artikels besteht im Wesentlichen in einer wahrheitsgemäßen, lückenlosen Information für die historisch interessierte Allgemeinheit über in der Vergangenheit verbreitete Inhalte. Die einmal in Online-Archiven abgelegten Artikel erfahren grundsätzlich keine weitere (spätere) Bearbeitung. Online-Archive haben daher eine mit der Tätigkeit einer Bibliothek durchaus vergleichbare Funktion (Richter/Windhager, Online-Archive am Ende? MR 2003, 211 [212]). Die zur Frage der Unterlassungspflicht des Buchhändlers oder Bibliothekars angestellten Erwägungen sind daher ohne weiteres auf den Betreiber eines Online-Archivs, der keine "eigenen" Beiträge ins Archiv stellt, übertragbar. Dazu kommt, dass im Fall eines Eingriffs durch einen zunächst im Printmedium und in dessen Online-Ausgabe erschienenen Artikels in Persönlichkeitsrechte im Online-Archiv auch nachzulesen ist, wenn der Verletzte erfolgreich gerichtlich gegen das Printmedium vorgegangen ist.

Urteilsveröffentlichungen, Gegendarstellungen und Widerrufsveröffentlichungen werden in der Regel dort genauso auf Dauer bereit gehalten wie die Anlassartikel. Dies spricht umso mehr dafür, das Interesse der Öffentlichkeit am Zugriff auf digitale Archive, die in zunehmendem Ausmaß die Rolle von Bibliotheken und Print-Archiven übernehmen, gegenüber dem Interesse des Verletzten auf Abwehr von ehrenrührigen Angriffen höher zu bewerten. Wie sich aus dem insoweit unstrittigen Vorbringen der Beklagten und der vom Kläger selbst vorgelegten Urkunde über das Abfrageergebnis im Archiv der Erstbeklagten ergibt, fand sich auf der Seite mit der Übersicht über die den Nachnamen des Klägers enthaltenden Artikel sowohl der Hinweis auf die zum hier strittigen Artikel erfolgte Gegendarstellung als auch auf die Veröffentlichung des Widerrufs, wobei die chronologische Anordnung des Anlassartikels und dieser Hinweise ergab, dass sich der Widerruf auf den strittigen Artikel bezog. Auch beim Hinweis auf den erfolgten Widerruf fand sich die Möglichkeit zur Volltextabfrage.

Es wird dem Betreiber eines Online-Archivs zumeist (im wirtschaftlichen Sinn) unmöglich sein, die Fülle der in einem elektronischen Archiv gespeicherten Informationen auf allfällige Gesetzesverstöße zu prüfen. Bei Bejahung einer solchen Prüfpflicht würden Archivbetreiber mit einer unzumutbaren Aufgabe belastet, die letztlich zur Zurückdrängung von digitalen Archiven führen würde. Auch für das Online-Archiv gilt, dass die im Interesse der Öffentlichkeit liegende Tätigkeit des Archivbetreibers - ebenso wie die des Buchhändlers (SZ 72/144) - nicht über Gebühr belastet werden soll. Ohne Hinweis des Verletzten auf einen Eingriff in seine Rechte oder dessen Aufforderung zur Entfernung kann eine Prüfpflicht des Betreibers nicht gefordert werden.

Das Unterlassungsbegehren erweist sich daher schon mangels Rechtswidrigkeit als unberechtigt. Auf die Frage, ob nach den vorliegenden Umständen eine Wiederholungsgefahr als ausgeschlossen anzusehen ist, obwohl die Beklagten kein Vergleichsangebot im Sinne der begehrten Unterlassungsverpflichtung erstattet haben, muss daher nicht eingegangen werden. Auch die Verjährung des zu sichernden Unterlassungsanspruches ist mangels eines Verjährungseinwandes der Beklagten nicht zu prüfen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens beruht auf den §§ 402 Abs 4, 78 EO, §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO. Die Stellungnahme zum Berichtigungsschriftsatz des Klägers war zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig.

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