OGH am 13. September 2000, Geschäftszahl 4Ob166/00s Stichwort fpo.at
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F***** ("Die F*****"), ***** vertreten durch Böhmdorfer-Gheneff OEG, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei N*****, vertreten durch Dr. Georg Freimüller und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Beseitigung (Streitwert im Provisorialverfahren 270.000 S), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 27. April 2000, GZ 1 R 36/00x-12, womit der Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 3. Jänner 2000, GZ 38 Cg 112/99b-7, bestätigt wurde, den Beschluss gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat der beklagten Partei die mit 12.960 S (darin 2.160 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
Die Klägerin ist eine politische Partei, die unter der Bezeichnung "fpoe.at" im Internet auftritt. Sie unterhält unter der Adresse "www.fpoe.at" eine Homepage. Die Beklagte ist für die Vergabe von Domain-Namen unter den Top Level-Domains "at", "or.at" und "co.at" zuständig, wobei die Vergabe nach dem Prinzip "first come, first served" erfolgt. Inhaber der Domain "fpo.at" ist Alan L***** USA. Er hat unter dieser, ihm von der Beklagten zugewiesenen Bezeichnung eine Homepage eingerichtet, die im Wesentlichen mit jener der Klägerin identisch ist.
Zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs begehrt die Klägerin - gestützt auf §§ 16, 43 und 1330 Abs 1 und 2 ABGB - der beklagten Domain-Namenverwalterin zu gebieten, die Vergabe von das Namensrecht der Klägerin verletzenden Domains unterhalb der Domain "at", insbesondere die Vergabe der Domain "fpo.at" zu unterlassen, deren von Dritten begehrte Registrierung zu verweigern und die Domain "fpo.at" zu beseitigen. Die Klägerin erblickt in der Gestaltung der Homepage zur Internetadresse "fpo.at" eine Verletzung ihres Rechts auf Namen, Ehre und wirtschaftlichen Ruf. Diese Homepage habe im Oktober 1999 elektronische Verbindungen ("links") zu rechtsradikalen Organisationen hergestellt, die mittlerweile entfernt worden seien. Abgesehen davon, dass der Domain-Inhaber jederzeit wieder ruf- und kreditschädigende Inhalte in seine Homepage aufnehmen könne, sei bereits die Tatsache der Fälschung der Homepage der Klägerin geeignet, ihre rechtlich geschützten Interessen zu gefährden. Es bestehe die Gefahr, dass Internet-Benutzer, die die Homepage der Klägerin aufrufen wollen, auf die Domain "fpo.at" stoßen, deren gefälschte Homepage mit jener der Klägerin verwechseln und daher annehmen, dass die unter dieser Adresse auffindbaren Inhalte von der Klägerin stammten. Der Inhaber der Domain "fpo.at" habe nicht das geringste schutzwürdige Interesse an der Aufrechterhaltung seiner Registrierung. Die Beklagte habe sich, obgleich sie darauf aufmerksam gemacht worden sei, dass die Domain "fpo.at" das Namensrecht der Klägerin verletze, geweigert, sie zu sperren. Sie habe auch den Namen des Domain-Inhabers nicht bekanntgegeben, sei daher für den Verstoß gegen das Namensrecht der Klägerin mitverantwortlich und könne neben dem Domain-Inhaber auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.
Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsantrags. Identität und Aufenthaltsort des derzeitigen Inhabers der Domain "fpo.at" seien der Klägerin nicht unbekannt, habe sie doch selbst darauf hingewiesen, diese Daten durch öffentliche Abfrage feststellen zu können. Weshalb die Klägerin bisher keine gerichtlichen Schritte gegen den Domain-Inhaber eingeleitet habe, sei nicht bekannt. Die Beklagte sei bei Vergabe von Domain-Namen nicht verpflichtet, die Berechtigung des Antragstellers zu überprüfen und hafte nicht für rechtswidrige Domain-Namen. Sie sei lediglich für die Vergabe von Domains zuständig und habe aus diesem Anlass keine Information, zu welchem Zweck eine Domain verwendet werden soll. Sie habe auch keine Möglichkeit, auf in eine Homepage aufgenommene kreditschädigende oder ehrenbeleidigende Behauptungen Einfluss zu nehmen. Im Übrigen seien die Bezeichnungen "fpo.at" und "fpoe.at" nicht in einer Weise verwechslungsfähig, die eine Registrierung als Domain-Namen unzulässig machen würde. Jeder Nutzer des Internet müsse sich darüber im Klaren sein, dass bereits geringfügige Abweichungen zu gänzlich anderen Anbietern führen können. Der Sicherungsantrag sei auch deshalb unberechtigt, weil er eine Sachlage anstrebe, die es unmöglich mache, den früheren Zustand wiederherzustellen.
Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Vom eingangs wiedergegebenen Sachverhalt ausgehend verneinte es die Zulässigkeit dieses Antrags, weil er eine nicht mehr rückgängig zu machende Sachlage herbeiführte. Nach Löschung der Domain "fpo.at" könnte jedermann die damit frei gewordene Bezeichnung für sich registrieren lassen. Im Übrigen verstoße nicht die Registrierung des Domain-Namens "fpo.at" gegen geschützte Interessen der Klägerin, sondern die Gestaltung der unter dieser Adresse abrufbaren Homepage. Diese habeaber nicht die Beklagte zu verantworten.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Klägerin nicht Folge und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 260.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Sollte in der Verwendung der Domain "fpo.at" eine Namensanmaßung oder ein Namensgebrauch zu erblicken sein, sei dieser vom Domain-Inhaber und nicht von der Beklagten zu verantworten. Die strittige Domain sei nicht wortident mit jener der Klägerin; ein sittenwidriges Verhalten der Beklagten könne nicht festgestellt werden. Ein Verstoß des Domain-Verwalters könnte nach der deutschen Lehre nur dann vorliegen, wenn die Sperre einer Domain zur Verhinderung der Fortsetzung von Rechtsverletzungen zumutbar wäre, was dann der Fall sei, wenn die Rechtsverletzung auch für den Verantwortlichen einer Domain-Vergabestelle als juristischen Laien ohne weitere Nachforschungen offensichtlich sei. Dies sei aber in Fragen der Beurteilung der Verwechslungsgefahr nicht der Fall. Die Beklagte sei auch nicht gleich einer Rundfunk- oder Fernsehanstalt technischer Verbreiter einer Äußerung; ihre Funktion erschöpfe sich darin, maschinell gesteuerte Anfragen, auf welchem Server eine bestimmte Website abrufbar sei, zu beantworten. Im Übrigen schaffe die hier begehrte Sicherungsverfügung eine Sachlage, die nicht mehr rückgängig gemacht werden könne.
Rechtssatz
Der außerordentliche Revisionsrekurs der Klägerin ist zulässig, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Haftung der Domain-Vergabestelle für Verletzungen von Namens- oder Persönlichkeitsrechten fehlt. Er ist aber nicht berechtigt.
Die Klägerin stützt ihre gegen die Domain-Vergabestelle gerichteten Ansprüche auf eine Verletzung ihres Namensrechts durch unbefugten, ihre Interessen beeinträchtigenden Gebrauch ihres (abgekürzten) Namens als Domain im Internet. Die Beklagte habe sich trotz offenkundiger Rechtsverletzung geweigert, die die Rechte der Klägerin beeinträchtigende Domain zu sperren. Sie sei daher für den Verstoß gegen das Namensrecht der Klägerin mitverantwortlich.
Der erkennende Senat hat in seiner Entscheidung 4 Ob 320/99h - ortig.at = ÖBl 2000, 134 = MR 2000, 8 = ecolex 2000, 215 ausgesprochen, dass solche Domains, die einen Namen enthalten oder namensmäßig anmuten, infolge ihrer Kennzeichnungs- und Namensfunktion unter den Schutz des § 43 ABGB fallen. Diese Auffassung steht in Einklang mit der Rechtsprechung in Deutschland und der überwiegenden Lehre in Österreich und Deutschland (OLG Hamburg CR 1999, 184 - emergency; OLG München; CR 1999, 382 - shell de; Biermann, Kennzeichenrechtliche Probleme des Internets: Das Domain-Name-System, WRP 1999, 997 ff <1002 f>; Brandl/Fallenböck, Zu den namens- und markenrechtlichen Aspekten der Domain-Namen im Internet, WBl 1999, 481 ff <485>; Bücking, Internet-Domains - Neue Wege und Grenzen des bürgerlich-rechtlichen Namensschutzes, NJW 1997, 1886 ff <1887>; Fezer, Die Kennzeichenfunktion von Domainnamen, WRP 2000, 669 ff <673 f>; Höhne, Namensfunktion von Internet-Domain-Names? ecolex 1998, 924 ff; Kapferer/Pahl, Kennzeichenschutz für Internet-Adressen ("domains"), ÖBl 1998, 275 ff <278>; Kilches, Rechtsfragen zu Internet-Domainnamen ÖJZ 1999, 329 ff; Kur, Namens- und Kennzeichenschutz im Cyberspace, CR 1996, 590 ff <591>; Laga, Rechtsprobleme im Internet 258 ff; Mayer-Schönberger/Hauer, Kennzeichenrecht & Internet Domain Namen, ecolex 1997, 947 ff <948>; Nordemann, Internet-Domains und zeichenrechtliche Kollisionen NJW 1997, 1891 ff; Ubber, Rechtschutz bei Missbrauch von Internet-Domains, WRP 1997, 497 ff <506 ff>, Völker/Weidert, Domain-Namen im Internet, WRP 1997, 652 ff <656>; Wegner, Der rechtliche Schutz von Internetdomains, CR 1999, 250 ff).
An dieser Auffassung wird trotz der Kritik von Stockinger/Kronabitter (Kriterien für den rechtmäßigen Gebrauch von Internet-Domain-Bezeichnungen, MR 2000, 3 ff <5>), festgehalten. Mögen auch Domain-Namen in technischer Hinsicht einen bestimmten an das Netzwerk angeschlossenen Rechner identifizieren und damit an sich weder eine Person noch ein bestimmtes Unternehmen kennzeichnen, steht für den Internet-Nutzer (auf den in der Frage der Funktion von Domain-Namen abzustellen ist) nicht die technische Funktion im Vordergrund. Der Domain-Name dient ihm vielmehr zur Identifikation der dahinterstehenden Person, Sache oder Dienstleistung; er ist insofern als Kennzeichen mit einem Namen, einer Firma oder einer Marke vergleichbar (4 Ob 158/00i; vgl Schweizer Bundesgericht vom 2. 5. 2000 - berneroberland, K & R 2000, 362; Laga aaO 264).
§ 43 schützt nicht nur den Namen natürlicher Personen, sondern auch jenen juristischer Personen, politischer Parteien und Handelsnamen, ja sogar Firmenschlagworte und Hofnamen vor unbefugtem Gebrauch durch Dritte (ÖBl 2000, 39 - Sattler.at mwN; Kilches aaO 333; Aicher in Rummel ABGB2 § 43 Rz 3). Geschützt ist somit auch die namensartig verwendete gebräuchliche Kurzbezeichnung der Klägerin "FPÖ" bzw "FPOE". Ihre Verkehrsgeltung (vgl Aicher aaO Rz 3) ist schon deshalb nicht zweifelhaft, weil diese Abkürzung auch auf den amtlichen Stimmzetteln für Wahlen Verwendung findet.
Der Schutz des § 43 ABGB gegen unbefugten Namensgebrauch wird auch nicht durch geringfügige Abweichungen des gebrauchten vom geschützten Namen ausgeschlossen (Aicher aaO Rz 10; Posch in Schwimann ABGB2 § 43 Rz 16; in diesem Sinn auch Nordemann aaO 895 f). Geringfügige Abweichungen ändern nichts am Namensgebrauch, wenn aufgrund des gesamten Eindrucks nach Schriftbild, Klang und Sinngehalt die Gefahr einer Identitäts- oder Zuordnungsverwirrung besteht (Nordemann aaO 1895 f; Posch aaO Rz 16).
Die Abweichung der Domain "fpo.at" von jener der Klägerin "fpoe.at" fällt angesichts der international üblichen Schreibweise "o" statt des im deutschen Sprachgebrauch verwendeten "ö" bzw "oe" und auch deshalb nicht ins Gewicht, weil der fremde Namensgebrauch im Zusammenhang mit dem Inhalt der so aufzufindenden Homepage (sie weist eine weitgehende inhaltliche Übereinstimmung mit jener der Klägerin auf) ganz evident darauf abzielt, eine Irreführung über die Identität des Domain-Inhabers herbeizuführen.
§ 43 ABGB schützt die durch den Namen identifizierte Persönlichkeit (Aicher aaO Rz 1 und 10; Posch aaO Rz 4; ÖBl 1998, 298 - Hörmann; ÖBl 2000, 134 - ortig-at). Er räumt dem Namensträger das Recht ein, seinen Namen zu führen und jeden anderen vom Gebrauch auszuschließen. Der darauf gestützte Unterlassungsanspruch setzt eine eeinträchtigung schutzwürdiger Interessen des Namensträgers durch unbefugten Gebrauch seines Namens durch einen Dritten voraus (zum Begriff Namensanmaßung Brandl/Fallenböck, aaO 488; Kilches aaO 333; Ubber aaO 507 f; Völker/Weidert aaO 656 f).
Die Klägerin hat dazu vorgebracht, die unter "fpo.at" aufscheinende Homepage sei scheinbar mit ihrer eigenen identisch, enthalte jedoch (anders als jene der Klägerin) abrufbare elektronische Verbindungen ("links") zu rechtsradikalen Organisationen, somit Inhalte, die geeignet seien, Ruf und Kredit der Klägerin zu schädigen.Sie habe unter Hinweis auf diese Umstände die Beklagte aufgefordert, die Domain zu sperren. Ein Bescheinigungsverfahren zu diesen Behauptungen ist unterblieben.
Sollte die Homepage "fpo.at" - bei scheinbar identischer Gestaltung zu jener der Klägerin - im Unterschied zu dieser "links" zu rechtsradikalen Organisationen aufweisen (oder aufgewiesen haben - ein Wegfall der Wiederholungsgefahr kommt nach dem Vorbringen hier nicht in Betracht), läge die Verletzung schutzwürdiger Interessen der Klägerin als Voraussetzung des auf § 43 ABGB gegründeten Unterlassungsanspruches auf der Hand. Dass der Inhaber der Domain "fpo.at" ein rechtlich geschütztes Interesse an dieser Bezeichnung hätte, wurde nicht behauptet und ist auch in keiner Weise zu erkennen.
Mit der Frage der Haftung der Domain-Vergabestelle für Verletzungen des Namensrechts hat sich der Oberste Gerichtshof bisher noch nicht beschäftigt. Diese Frage war wiederholt Gegenstand von Überlegungen der Lehre in Deutschland (siehe Übersicht bei Brandl/Fallenböck aaO 487 FN 47):
Nordemann (aaO 1886) unterscheidet zwischen Unterlassungs- und Schadenersatzansprüchen. Auf Unterlassung könne jeder an der Zeichenverletzung Beteiligte in Anspruch genommen werden; dazu zählten auch die Vergabestelle und alle Serviceprovider, weil sie die Domain zuweisen und verwalten. Allerdings sei die Vergabestelle neutral und verfolge keine eigenen Interessen, sie sei auch kaum in der Lage, bei der Flut neuer Reservierungen inhaltliche Prüfungen auf mögliche Rechtsverletzungen vorzunehmen, sodass man ihr keinePrüfungspflicht auferlegen könne.
Völker/Weidert (aaO 661 f) vertreten die Auffassung, eine Haftung der Vergabestelle als Mitstörer komme in Betracht, wenn sie an der Schaffung oder Aufrechterhaltung eines rechtswidrigen Zustandes willentlich und adäquat kausal mitgewirkt habe, wobei als Mitwirkung auch die Unterstützung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genüge, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung der Handlung gehabt hätte. In subjektiver Hinsicht sei ausreichend, wenn dem als Mitstörer in Anspruch Genommenen alle Tatumstände bekannt seien, welche den Verstoß des unmittelbaren Störers begründen. Allerdings sei eine Einschränkung der Verantwortlichkeit der Vergabestelle auf grobe und offenkundige Verstöße überlegenswert.
Ubber (aaO 511) stellt auf die Umstände des Einzelfalls ab. Eine Haftung der Vergabestelle komme dann in Betracht, wenn diese von der Rechtsverletzung wusste oder hätte wissen müssen. Sie hafte als Gehilfe, wenn sie zumutbare Maßnahmen zur Verhinderung der Rechtsverletzung hätte anstellen müssen.
Bettinger/Freytag (Verantwortlichkeit der DENIC e.G. für rechtswidrige Domains? CR 1999, 28 <31> - diesem Aufsatz liegt ein im Auftrag des DENIC e.G. erstattetes Gutachten zugrunde) vertreten die Auffassung, die Pflicht, fremde Namensrechte zu beachten, treffe zunächst und in erster Linie den Anmelder der Second-level-domain. Von der Domain-Vergabestelle könne nicht dieselbe Prüfung wie vom Anmelder verlangt werden. Ihre Haftung könne nicht weitergehen als die wettbewerbs- und kennzeichenrechtliche Störerhaftung sowie die urheberrechtliche Haftung nach § 97 Abs 1 dUrhG. Danach sei die Haftung eines nur mittelbar ursächlich an einer fremden Rechtsverletzung Mitwirkenden auf Unterlassung darauf beschränkt, geeignete Vorkehrungen im Rahmen des Zumutbaren und Erforderlichen zu treffen, um die Rechtsverletzungen soweit wie möglich zu verhindern, wobei bereits ein Hinweis auf Rechte Dritter ausreichen könne. Der BGH habe die für das Anzeigengeschäft entwickelten Grundsätze, wonach eine umfassende Prüfungspflicht nicht bestehe und das Presseunternehmen für die Veröffentlichung wettbewerbswidriger Anzeigen nur im Falle grober, unschwer zu erkennender Verstöße hafte, auch im Bereich des Kennzeichnungsrechts bei Beurteilung der Haftung eines Telefonbuchherausgebers für kennzeichenwidrige entgeltliche Zusatzeinträge angewendet. Nach diesen Grundsätzen sei auch eine Domain-Vergabestelle vor Vergabe der Second-level-domain nicht verpflichtet, zur Vermeidung eigener Mitverantwortlichkeit als Störer eine Prüfung auf Rechtsverstöße vorzunehmen. Eine derartige Prüfung wäre auch rein faktisch ausgeschlossen, da für jede einzelne Domain-Registrierung sämtliche bestehenden Unternehmenskennzeichen und Namensrechte sowohl in Bezug auf Priorität als auch ihren Bestand rechtlich überprüft werden müssten. Dies wäre schon angesichts der Anmeldung von derzeit ca 10.000 Second-level-domains pro Monat (deren Vergabe automatisch durch ein Computerprogramm erfolge) nicht möglich und widerspreche den Aufgaben der Vergabestelle, kostengünstig, rasch und zuverlässig die Verwaltung des Systems und die Vergabe von neuen Second-level-domains durchzuführen. Anders sei es jedoch zu beurteilen, wenn der Verletzte nach Registrierung eine Rechtsverletzung gegenüber der Vergabestelle geltend mache. Wenngleich die Vergabestelle auch in einem solchen Fall keine uneingeschränkte Prüfungspflicht treffe, so erscheine die Sperre der Second-level-domain zur Verhinderung der Fortsetzung der Rechtsverletzung dann zumutbar, wenn die Rechtswidrigkeit der Eintragung auch für den Verantwortlichen einer Domain-Vergabestelle als juristischen Laien ohne weitere Nachforschungen offensichtlich sei. In solchen Fällen überwiege das schutzwürdige Interesse des Verletzten und der Allgemeinheit (an einer raschen und wirksamen Beendigung des rechtswidrigen Zustands) die mit der Sperre der Second-level-domain für die Vergabestelle verbundenen Belastungen. Die Vergabestelle könne daher dann als (Mit)Verantwortliche für die Verletzung von Kennzeichenrechten eines Dritten durch eine von ihr vergebene Domain dann in Anspruch genommen werden, wenn sie nach Hinweis auf die angebliche Rechtswidrigkeit die entsprechende Second-level-domain nicht sperrt, obwohl diese in grober und für die Vergabestelle offensichtlich erkennbarer Weise das Kennzeichen- oder Wettbewerbsrecht verletze. Ein solcher offensichtlicher Rechtsverstoß könne etwa dann vorliegen, wenn ein Domain-Name mit einem berühmten Kennzeichen identisch übereinstimme und keine Anzeichen für eine Befugnis des Anmelders gegeben seien. Darüber hinaus hafte die Vergabestelle nur dann, wenn sie vorsätzlich den ebenfalls vorsätzlich begangenen Rechtsverstoß des Dritten fördern wolle bzw diesen in Kenntnis der Rechtswidrigkeit billigend in Kauf nehme.
Das Landgericht Mannheim hat in seiner Entscheidung vom 8. 3. 1996 heidelberg.de (BB 1996, 2485) die Frage der Haftung der Domain-Vergabestelle nicht abschließend beurteilt, jedoch erwogen, dass derjenige in erster Linie passiv legitimiert sei, auf dessen Initiative die Benutzung der Domain zurückzuführen sei. Der Umstand, dass die Vergabestelle keine inhaltliche Kontrolle vornehme, spreche gegen ihre Verantwortlichkeit.
Das Landgericht Frankfurt (14. 10. 1998, CR 1999, 452) hat - gestützt auf § 26 Abs 2 GWB - ausgesprochen, die Vergabestelle der Top-Level-Domain "de" sei als marktbeherrschendes Unternehmen verpflichtet, Nutzungen von Internet-Adressen, die offensichtlich in der Absicht der Behinderung eines anderen vorgenommen wurden, zu kontrollieren und die Behinderung zu beenden; diese Kontrollpflicht sei zumindest bei offensichtlicher Behinderung - der Nutzer hatte dort ausdrücklich erklärt, in Behinderungsabsicht zu handeln - zumutbar. Dieser Auffassung hat Biere in einer Entscheidungsanmerkung (CR 1993, 453 f) insoweit zugestimmt, als die Vergabestelle in einem solchen Fall verpflichtet sei, auf Antrag des Berechtigten auch ohne entsprechende gerichtliche Entscheidung direkt einzugreifen. Allerdings bestehe keine allgemeine Verpflichtung der Vergabestelle, zu überprüfen, ob der Antragsteller durch die "Konnektierung und Nutzung" der beantragten Domain in Rechte Dritter eingreife.
Im vorliegenden Fall brachte die Klägerin zur Haftung der beklagten Vergabestelle vor, die Domain "fpo.at" sei massiv zur Täuschung geeignet; es bestehe die eminente Gefahr, dass ein Interessent, der die Homepage der Klägerin aufrufen wolle, auf diese Domain stoße, deren gefälschte Homepage mit jener der Klägerin verwechsle und annehmen müsse, dass die dort auffindbaren Inhalte von der Klägerin stammten. Sie habe die Beklagte vor Einleitung des Rechtsstreits ausdrücklich auf diesen Sachverhalt aufmerksam gemacht und zur Sperre der Domain aufgefordert. Die Beklagte könne jedenfalls dann auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wenn sie nach Hinweis auf die (angebliche) Rechtswidrigkeit einer Second-level-Domain die Eintragung nicht sperrt, obwohl diese in grober und für die Vergabestelle offensichtlich erkennbarer Weise das Kennzeichen- oder Wettbewerbsrecht der Klägerin verletze.
Die Beurteilung der Passivlegitimation der Vergabestelle richtet sich nach jenen Grundsätzen, die für Fälle mittelbarer Beteiligung an der Störung entwickelt wurden. Genauso wie derjenige, der den Wettbewerbsverstoß eines anderen durch eigenes Verhalten gefördert oder ermöglicht hat, für das wettbewerbswidrige Verhalten des unmittelbaren Täters (Störers) einzustehen hat (Fitz/Gamerith, Wettbewerbsrecht2 85; ÖBl 1991, 101 - Einstandsgeschenk,; ÖBl 1995, 73 - Echo der Frau I), richtet sich der aus dem Namensrecht abgeleitete Unterlassungsanspruch auch gegen Mittäter und Gehilfen des eigentlichen Störers, die den Verstoß gegen das Namensrecht durch eigenes Verhalten gefördert oder überhaupt erst ermöglicht haben. Gehilfe im Sinn dieser Rechtsprechung ist aber nur, wer den Täter bewusst gefördert hat (ÖBl 1991, 101 - Einstandsgeschenk; ÖBl 1995, 73 - Echo der Frau I). Dieses Bewusstsein fehlt, wenn jemand die Störungshandlung, deren Förderung ihm vorgeworfen wird, nicht einmal in tatsächlicher Hinsicht gekannt hat und eine Prüfungspflicht auf allfällige Verstöße nicht in Frage kommt. So hat der Oberste Gerichtshof bereits erkannt, dass ein reines Zeitungsvertriebsunternehmen nicht verpflichtet ist, die ihm (verpackt) zum Vertrieb übergebenen Zeitschriften (gleich einem Zensor) auf allfällige Wettbewerbsverstöße zu prüfen (ÖBl 1991, 101 - Einstandsgeschenk). Eine solche Prüfungspflicht ist mit dem Wesen des Zeitungsvertriebs nicht vereinbar und kann dem dafür zuständigen Unternehmen daher nicht zugemutet werden.
Auch der BGH bejaht in nunmehr ständiger Rechtsprechung eine wettbewerbsrechtliche Störerhaftung des Zeitungs- und Zeitschriftenunternehmers im Anzeigengeschäft nur unter der besonderen Voraussetzung einer - auf grobe und eindeutige Wettbewerbsverstöße beschränkten - Prüfungs- pflicht: Um die tägliche Arbeit von Presseunternehmen nicht über Gebühr zu erschweren und die Verantwortlichen nicht zu überfordern, obliege diesen keine umfassende Prüfungspflicht. Vielmehr hafte ein Presseunternehmen für die Veröffentlichung wettbewerbswidriger Anzeigen nur im Fall grober, unschwer zu erkennender Verstöße. Diese Grundsätze seien im Anzeigengeschäft der Presse auch insoweit anzuwenden, als es um die Störerhaftung wegen urheberrechtsverletzenden Inhalts gehe (WRP 1999, 211 - Möbelklassiker = GRUR 1999, 418; GRUR 1994, 494 - Ausländischer Inserent; vgl GRUR 1997, 31 - Architektenwettbewerb; vgl Bettinger/Freytag aaO 34).
Diese Grundsätze können auch für die Beurteilung der Haftung der Domain-Vergabestelle für Kennzeichenverletzungen durch den Domain-Namensinhaber nutzbar gemacht werden. Ihre Anwendung führt in Einklang mit Bettinger/Freytag (aaO 28 ff) zur Verneinung einer allgemeinen Prüfungspflicht der Vergabestelle vor bzw im Zusammenhang mit der Registrierung einer Second-level-domain. Angesichts der großen Zahl von Anmeldungen (die Literatur spricht von 10.000 Anmeldungen pro Monat) und der damit erforderlich werdenden automatischen Verarbeitung mittels Computerprogamms wäre eine Prüfung sämtlicher bestehender Unternehmenskennzeichen und Namensrechte anlässlich der Zuteilung einer Second-level-domain ausgeschlossen. Die dafür erforderliche händische Bearbeitung jedes einzelnen Falles würde es der Vergabestelle nicht erlauben, ihre Aufgaben (kostengünstig, rasch und zuverlässig die Verwaltung des Domain-Systems und dabei insbesondere die Vergabe neuer Second-Level-Domains durchzuführen) zu erfüllen; eine derartige Prüfung kann der Vergabestelle daher auch nicht zugemutet werden.
Die Anwendung der zur Haftung von Presseunternehmen für die Veröffentlichung wettbewerbswidriger Anzeigen entwickelten Grundsätze führen jedoch dann zu einer Haftung der Domain-Namensverwalterin, wenn der Verletzte unter Darlegung des entsprechenden Sachverhalts ein Einschreiten verlangt und die Rechtsverletzung auch für einen juristischen Laien ohne weitere Nachforschungen offenkundig ist. In einem solchen Fall ist es der Vergabestelle auch zumutbar, Maßnahmen zur Verhinderung einer Fortsetzung der Rechtsverletzung vorzunehmen. Sperrt die Vergabestelle in einem solchen Fall die Domain trotz entsprechender Aufforderung des in seinen Rechten Verletzten nicht, kann sie auf Unterlassung, unter bestimmten Umständen auch auf Beseitigung in Anspruch genommen werden. Die Weigerung der Vergabestelle, die Domain zu sperren, obwohl sie Kenntnis von einer offenkundigen Rechtsverletzung erlangt hat, bedeutet in einem solchen Fall nichts anderes, als den offenkundigen Verstoß des unmittelbaren Täters bewusst zu fördern und die Rechtsverletzung auch weiterhin zu ermöglichen.
Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den - hier allerdings noch nicht bescheinigten - Sachverhalt wäre von einer schwerwiegenden Verletzung von Persönlichkeitsrechten der Klägerin durch unbefugten Namensgebrauch auszugehen, die auch für juristische Laien ohne weitere Aufklärungen offenkundig ist. Ihre Aufrechterhaltung diente damit der bewussten Förderung der Rechtsverletzung, für die die Beklagte unter diesen Umständen einzustehen hätte.
Unterlassungs- und Beseitigungsbegehren wären allerdings nicht in dem von der Klägerin begehrten Umfang berechtigt. Der beklagten Domain-Namensverwalterin kann nämlich nicht generell geboten werden, die Vergabe von die Namensrechte der Klägerin verletzenden Domains zu unterlassen, und deren von Dritten begehrten Registrierung zu verweigern, weil sie - wie bereits dargelegt - zu einer derartigen Prüfung der Vereinbarkeit der angemeldeten Domain mit bestehenden Namens- und Kennzeichenrechten nicht verpflichtet ist, und eine derartige Prüfung aufgrund der technischen Gegebenheiten auch nicht vornehmen kann. In diesem Umfange erweist sich daher auch das Sicherungsbegehren als jedenfalls unberechtigt. Im Übrigen ist die Beklagte auch nur für die Vergabe der Domains "at", "co.at." und "or.at" zuständig, nicht jedoch für die Domains "gv.at" und "ac.at".
Der Klägerin stünde somit nur ein Anspruch auf Beseitigung der ihre Namensrechte verletzenden Domain "fpo.at" (allenfalls auf Widerruf ihrer Registrierung im Sinn des Punktes 3.8 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten) zu, der allerdings durch die hier beantragte einstweilige Verfügung nicht gesichert werden kann. Nach ständiger Rechtsprechung darf nämlich durch die einstweilige Verfügung keine Sachlage geschaffen werden, die im Fall eines diese Verfügung nicht rechtfertigenden Urteils nicht rückgängig gemacht werden kann (SZ 60/196; ÖBl 1996, 127 - Feuerlöschgeräte uva). Der erkennende Senat hat bereits ausgesprochen (ÖBl 2000, 73 - format.at), dass eine einstweilige Verfügung, die zur Löschung einer registrierten Domain führt, insoweit einen unumkehrbaren Zustand schafft, als Dritte die Möglichkeit erhalten, die freigewordene Domain für sich registrieren zu lassen. Dadurch wird es dem Beklagten unmöglich gemacht, die Domain - sollte sich die einstweilige Verfügung nachträglich als unberechtigt erweisen - wieder zu beanspruchen. Eine derartige nicht mehr rückgängig zu machende Sachlage würde aber auch durch die im hier zu beurteilenden Sicherungsverfahren angestrebte Beseitigung der Domain "fpo.at" herbeigeführt, zumal sich die weiteren im Sicherungsantrag gestelltenBegehren als unberechtigt erwiesen.
Eine Möglichkeit, die einstweilige Verfügung noch im Rahmen der zur Sicherung des Beseitigungsanspruches gestellten Anträge, aber in eingeschränktem (dem Ergebnis des Hauptverfahrens nicht vorgreifenden) Umfang zu erlassen, zeigt die Klägerin nicht auf; sieist auch nicht erkennbar.
Die Vorinstanzen haben den Sicherungsantrag somit zutreffend abgewiesen.
Dem unberechtigten Revisionsrekurs der Klägerin wird ein Erfolg versagt.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO.