OGH am 12. Februar 2002, Geschäftszahl 10Nd501/02, Stichworte: Vertragsschluss im Internet, Gerichtsstand beim Wohnsitzbezirksgericht des Klägers, örtliche Zuständigkeit, Verbraucherstatut
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Neumayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Hans S***** , vertreten durch Widter Mayrhauser Wolf Rechtsanwälte OEG in Wien, gegen die beklagte Partei R***** P***** M***** GesmbH, ***** wegen 523,45 EUR sA, über den Ordinationsantrag der klagenden Partei gemäß § 28 JN den Beschluss gefasst:
Spruch
Zur Verhandlung und Entscheidung dieser Rechtssache wird das Bezirksgericht
Gänserndorf bestimmt.
Begründung:
Der Kläger bringt vor, er habe aufgrund einer Werbung der beklagten
Partei, die ihren Sitz in Deutschland hat, im Internet drei Opernkarten durch
Übersenden eine e-mail bestellt. Nach Erhalt der Reservierungsbestätigung
und Überweisung des Kartenpreises sei dem Kläger von der beklagten
Partei mitgeteilt worden, dass die Reservierung storniert werden müsse.
Die beklagte Partei verweigere nunmehr die Rückzahlung des vom Kläger
bezahlten Betrages. Der Ordinationsantrag ist berechtigt.
Rechtssatz
Der Kläger leitet die österreichische internationale Zuständigkeit
aus den Bestimmungen der im Verhältnis zu Deutschland seit 1. 12. 1998
in Kraft befindlichen Artikel 13, 14 EUGVÜ, somit aus seiner Verbraucherstellung
ab. Nach Art 13 Abs 1 Z 3 EuGVÜ bestimmt sich für Klagen aus einem
Vertrag, den eine Person zu einem Zweck abgeschlossen hat, der nicht der beruflichen
oder gewerblichen Tätigkeit dieser Person (Verbraucher) zugerechnet werden
kann, die Zuständigkeit - unbeschadet des Art 4 und des Art 5 Z 5 - nach
dem 4. Abschnitt des Übereinkommens, wenn dieser Vertrag die Erbringung
einer Dienstleistung oder die Lieferung beweglicher Sachen zum Gegenstand
hat, sofern dem Vertragsabschluss in dem Staat des Wohnsitzes des Verbrauchers
ein ausdrückliches Angebot oder eine Werbung vorausgegangen ist (lit
a) und der Verbraucher in diesem Staat die zum Abschluss des Vertrages erforderlichen
Rechtshandlungen vorgenommen hat (lit b). Der Begriff des Verbrauchers ist
dabei vertragsautonom zu bestimmen. Die Sonderregelung des Art 13 ff EuGVÜ
ist von dem Bestreben getragen, den Verbraucher als den wirtschaftlich schwächeren
und rechtlich weniger erfahrenen Vertragspartner zu schützen, weshalb
ihm daher der Entschluss zur gerichtlichen Wahrnehmung seiner Rechte nicht
dadurch erschwert werden darf, dass er bei den Gerichten des Staates klagen
muss, in dessen Hoheitsgebiet sein Vertragspartner seine Niederlassung hat.
Diese Vorschriften beziehen sich auf den nicht berufs- oder gewerbebezogen
handelnden privaten Endverbraucher, der einen der in Art 13 angeführten
Verträge abgeschlossen hat und gemäß Art 14 Partei in einem
Rechtsstreit ist. Von einer solchen Privatbezogenheit ist nach den hier maßgeblichen
(§ 41 Abs 2 JN) Angaben des Klägers auszugehen. Nach dem Vorbringen
des Klägers ging seinem Geschäftsabschluss, aus welchem er nunmehr
die verfahrensgegenständlichen Ansprüche ableitet, ein ausdrückliches
Angebot bzw eine entsprechende Werbung der beklagten Partei in Österreich
voraus, wobei auch eine Werbung im grenzüberschreitenden Internet die
Voraussetzung nach Art 13 Abs 1 Z 3 lit a EuGVÜ erfüllt (7 Nd
507/01, 7 Nd 510/01). Die inländische Gerichtsbarkeit ist daher gegeben.
Da somit eine Verbrauchersache im Sinne der Art 13 ff EuGVÜ vorliegt und Art 14 dieses Übereinkommens für die Zuständigkeit primär auf den Wohnsitz des Verbrauchers abstellt, war mangels eines zuständigen inländischen Gerichtes für die Verhandlung und Entscheidung in dieser Rechtssache gemäß § 28 Abs 1 Z 1 JN das Wohnsitzbezirksgericht des Klägers als örtlich und sachlich zuständiges Gericht zu bestimmen.