Der Schutz der Marke und der geschäftlichen Bezeichnung gegen die Benutzung als Domain-Name durch Privatpersonen

Die weit verbreitete, aber falsche Vorstellung, das Internet sei ein rechtsfreier Raum, hat einige Internetkundige dazu veranlaßt, die Kennzeichen großer Unternehmen für sich zu registrieren und sie den Kennzeicheninhabern später zum "Kauf" anzubieten (Domain-Grabbing, siehe Kennzeichenmäßiger Gebrauch ).

In solchen Fällen wird das Heranziehen zeichenrechtlicher und wettbewerbsrechtlicher Anspruchsgrundlagen regelmäßig scheitern. Selbst wenn im Hinblick auf die Erwerbsabsicht des Domain-Inhabers in den Fällen des Domain-Grabbing ein Handeln im geschäftlichen Verkehr bejaht würde, wird es im Regelfall an einer Verwechslungsgefahr bzw. am Erfordernis eines Wettbewerbsverhältnisses fehlen.

Als Auffangtatbestand kommt der Namensschutz des § 43 ABGB in Betracht. Siehe dazu sogleich.

Bettinger[912] greift diesbezüglich eine Spezial-Fallkonstellation auf: “Schwierig wird der Nachweis rechtswidrigen Handelns dagegen in Fällen der Gleichnamigkeit. Selbst wenn das Interesse eines Unternehmens, seine Unternehmensbezeichnung als Domain-Name zu registrieren, höher zu veranschlagen wäre als das Interesse einer Privatperson, unter einem eigenen Domain-Namen im Internet in Erscheinung zu treten, wird diese Wertung nur schwer juristisch begründet werden können. Der Konflikt ist letztlich die Folge des bestehenden Domain-Name-Systems, das auch zwischen Privatpersonen und Unternehmen nur eine identische Domain-Registrierung zuläßt.”

Das Oberlandesgericht Hamm [913] hatte bereits solch eine Interessenskollission zu entscheiden. Herr Krupp betreibt eine Online-Agentur und hat seit 1995 die Domain-Adresse “krupp.de” im Internet registriert. Die Klägerin, die Krupp AG Hoesch-Krupp, ist weltweit in den Geschäftsfeldern Stahl, Maschinenbau, Anlagenbau und anderen tätig. Dabei habe sich die Bezeichnung "Krupp" als Firmenschlagwort allgemein durchgesetzt. Außerdem ist diese Bezeichnung auch als Marke für sie geschützt.

Der Unterlassungsanspruch der Klägerin gegenüber dem Beklagten, die Domain-Adresse "krupp.de" für sich zu nutzen, folgt aus § 12 BGB. Nach dieser Vorschrift kann der Namensberechtigte von dem, der seine Interessen an der ungestörten Namensführung durch unbefugte Benutzung des gleichen Namens verletzt, Beseitigung der Beeinträchtigung und Unterlassung der Namensführung für die Zukunft verlangen. Durch § 12 BGB wird nicht nur der bürgerliche Name geschützt, sondern alle namensartigen Kennzeichnungen, auch Firmenabkürzungen und Firmenschlagworte wie hier die Bezeichnung "Krupp" als schlagwortartige Kurzbezeichnung für das Unternehmen der Klägerin.

Nachdem das Gericht die Kennzeichnungsfunktion der Domainnamen unterstrichen hat, wird betont, daß das Firmenschlagwort "Krupp" der Klägerin aufgrund seiner überragenden Verkehrsgeltung nicht nur gegen Verwechslungsgefahr, sondern auch gegen Verwässerungsgefahr geschützt ist. Diese überragende Verkehrsgeltung der abgekürzten Bezeichnung "Krupp" für das Unternehmen der Klägerin kann der Senat aus eigener Sachkunde feststellen. Denn sie gehört zum allgemeinen Wissensschatz. [914] Diese überragende Verkehrsgeltung ihres Firmenschlagwortes "Krupp" gibt der Klägerin prinzipiell das Recht, zur Erhaltung der Kennzeichnungskraft ihres Namens daneben keine weiteren Unternehmen gleichen Namens dulden zu müssen. Der Beklagte kann sich nicht darauf berufen, daß er selbst mit bürgerlichem Familiennamen "Krupp" heißt. Diese gegebene Namensgleichheit läßt die Wahl der Domain-Adresse aber noch nicht als befugt erscheinen, was den Schutzanspruch der Klägerin aus § 12 BGB ausschließen würde. Auch der Gesichtspunkt der Priorität bei der Wahl der Domain-Adresse gibt dem Beklagten nicht das bessere Namensrecht gegenüber der Klägerin. Denn der Grundsatz der Priorität entscheidet nur bei der grundsätzlichen Namenswahl. Wann und wo und in welchem Medium später mit dem gewählten Namen aufgetreten wird, ist für die Rangstellung des Namensrechtes bedeutungslos. Die Klägerin, der unstreitig der bessere Zeitrang an ihrem Firmanschlagwort "Krupp" zukommt, weil sie damit, wie allgemein bekannt, schon vor Vorkriegszeiten Verkehrsgeltung hatte, hat daher den Wettlauf mit dem Beklagten um die Domain-Adresse nicht deshalb verloren, weil sich der Beklagte die umstrittene Domain-Adresse "krupp.de" zuerst hat registrieren lassen. Wie sonst auch im Fall der Gleichnamigkeit bietet auch hier allein der Grundsatz der Priorität keine interessengerechte Lösung. Vielmehr lassen sich auch die Probleme kollidierender Domain-Adressen nur unter Rückgriff auf das Recht der Gleichnamigen interessengerecht lösen. Angesichts der dargelegten Verkehrsgeltung des Firmenschlagwortes der Klägerin und der grundsätzlichen Pflicht des Beklagten zur Abstandswahrung als Prioritätsjüngerem rechtfertigt es das Interesse des Beklagten, seinen eigenen Namen als Domain-Adresse zu führen, jedenfalls hier nicht, diesen Namen in identischer Form mit dem Firmenschlagwort der Klägerin zu verwenden.

Derartige Kollisionen könnten leicht vermieden werden, wenn für Privatpersonen und Unternehmen verschiedene Top-Level-Domains eingeführt würden; zu Vorschlägen zur Änderung des Domain-Name-Systems s. unten Abschnitt Schaffung neuer Top Level Domains


[912] Bettinger, Kennzeichenrecht im Cyberspace, GRUR Int 5/1997, S. 402, im Internet unter http://www.nic.de/rechte/bettinger.html
[913] Urteil vom 13.Januar 1998, 4 U 135/97 OLG Hamm, im Internet unter http://www.netlaw.de/urteile/olgha_1.htm
[914] vgl. Dtv-Lexikon Bd. 11 Stichwort "Krupp"; Brockhaus Enzyklopädie 17. Aufl. 1970 Stichwort: "Krupp, Friedr. K."; Meyers Enzyklopädisches Lexikon 9. Aufl. 1975 Stichwort:"Krupp-Konzern"
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